Unverpacktläden: Eine Vorreiterin im hohen Norden

20.08.2021 | Stand 29.08.2021, 3:33 Uhr

Als Marie Delaperrière Ende des Jahres 2012 einen Artikel in der französischen Zeitung "Le Monde" las, war sie hellauf begeistert.

"Da ging es um Béa Johnson. Sie ist eine Französin, die in den USA mit ihrer vierköpfigen Familie damals drei Jahre ohne Müll lebte. Das war der Punkt", erzählt die heute 47-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung.

Die Deutsch-Französin Delaperrière beschäftigte sich weiter mit dem Thema. Währenddessen habe sie sich über Läden erkundigt, in denen man Produkte lose und ohne Verpackung kaufen konnte.

Am 1. Februar 2014 war es schließlich so weit: In ihrer Wahlheimat Kiel, in der sie mittlerweile seit 20 Jahren mit ihrem Mann und ihren drei Kindern lebt, eröffnete sie "unverpackt - lose, nachhaltig, gut", den ersten verpackungsfreien Laden Deutschlands.

"Ich hatte definitiv Angst, das Geschäft zu eröffnen", sagt Delaperrière heute mit einem Schmunzeln. Zuvor hatte sie noch nie einen Laden geführt. Auch die Lebensmittelbranche war für die 47-Jährige Neuland. Und sie hatte schon vor der Eröffnung einige Hürden zu überwinden. "Die Immobiliensuche war schwer". Niemand habe das Konzept gekannt; kaum jemand wollte gleich eine Fläche anbieten. Und ob das Konzept bei den Menschen überhaupt ankommt, wusste die Gründerin noch nicht. Auch die passenden Produkte zu bekommen, war 2014 schwierig. Heute ist das anders. "Es hat sich viel getan. Jetzt bekommen wir mehr Angebote, als wir Produkte oder Lieferanten brauchen. " Das sieht man auch am Sortiment. Vor sieben Jahren startete die Deutsch-Französin mit 250 Produkten, mittlerweile sind es über 1000.

Die Kundinnen und Kunden seien gleich von Anfang an neugierig gewesen, "aber zum Beispiel im Freundeskreis gab es vor der Eröffnung ein paar Fragezeichen". Die hat die Ladeninhaberin auch während der Corona-Pandemie gemerkt. Viele Menschen wussten nicht, dass "unverpackt - lose, nachhaltig, gut" geöffnet hatte. Bei der Hygiene war Aufklärung nötig. "Das Thema war eigentlich lange vom Tisch, aber durch Corona waren manche etwas unsicherer. " Mittlerweile hat sich das gelegt. Zwar ist momentan Urlaubszeit und der Laden etwas leerer. Die Hygiene ist bei den Menschen aber kein Thema mehr. Bedenken müsse man ohnehin nicht haben.

Und für die Zukunft ist Delaperrière optimistisch. Sie möchte weiter an ihrer Vision arbeiten. "Von Anfang an wollte ich zeigen, dass eine andere Art von Konsumieren und Einkaufen funktionieren kann. " Man könne dadurch viel Müll und Lebensmittelverschwendung vermeiden.

Ihr Wissen gibt die 47-Jährige übrigens auch angehenden Gründerinnen und Gründern von Unverpacktläden weiter. Im vergangenen Jahr hat sie deshalb eine "Unverpackt Akademie" gegründet. Seit 2015 berät sie in Seminaren.

DK