Reichertshausen
"Ich habe meinen eigenen Kompass"

Die SPD schickt im Bundestagswahlkampf den Quereinsteiger Florian Simbeck ins Rennen

03.09.2013 | Stand 02.12.2020, 23:43 Uhr
Der heimische Garten in Reichertshausen ist Florian Simbeck und seiner amerikanischen Frau Stephanie sehr wichtig. In der Gemeinde im südlichen Landkreis ist das Ehepaar mit seinen beiden Kindern seit einigen Jahren daheim. −Foto: Belzer

Reichertshausen (PK) Florian Simbeck kämpft für die SPD um den Einzug in den Bundestag – obwohl er erst seit einem Jahr das Parteibuch der Genossen hat. Wie es dazu kam und wie er politisiert wurde, das hat er bei Burgern und Salat in seinem Garten erzählt.

Diesen Sommer hat Florian Simbeck gemeinsam mit Markus Käser, dem SPD-Landtagskandidaten, schon über 1000 Burger für die Landkreisbürger gegrillt – selbst welche gegessen hat er aber ganz selten. Dafür ist heute Zeit. Florian Simbeck hat zu sich nach Hause in sein Einfamilienhaus nach Reichertshausen eingeladen. Hier wohnt der gebürtige Ingolstädter seit 2007 gemeinsam mit seiner US-amerikanischen Frau Stephanie und den beiden Kindern Emma und Stuart.

In südlichen Landkreis hat er ideale Bedingungen vorgefunden. Ein Garten für die Kinder, eine Dorfgemeinschaft, in der er sich wohlfühlt – alle Nachbarn, Kinder oder Rentner, die an seinem Haus vorbei kommen, grüßt er – eine gute Anbindung nach Unterföhring, zum Flughafen und nach Pfaffenhofen. „Hier ist es eigentlich perfekt“, findet der 42-Jährige.

In „CSU-Wahlschlappen“ und einem gestreiften Polo-Shirt steht Simbeck am Grill. Und plaudert. Dass er und seine Frau schon seit mittlerweile zehn Jahren verheiratet sind. Dass er während seiner Schulzeit am Reuchlin-Gymnasium in Ingolstadt für ein Jahr in den USA als Austauschschüler war. Dass er sein Jura-Studium mit diversen Jobs finanziert hat – unter anderem als Chauffeur. Und so ganz nebenbei ist man schon beim Thema Politik gelandet. „Meine Schulzeit war keine unpolitische Zeit“, sagt er. „Das Feindbild Nummer Eins für uns war ganz klar Franz-Josef Strauß.“ Grund dafür sei vor allem eine angedachte Schulzeitverkürzung für eine Wehrpflichtverlängerung gewesen. „Dagegen haben wir damals demonstriert.“

In der Uni dann steigerte sich das Interesse für soziale Themen. „Unter den Juristen habe ich mich nicht besonders wohlgefühlt“, erinnert er sich. „Viele Kommilitonen waren in Studentenverbindungen, der Lebensweg war klar vorgezeichnet und abends haben sie Reden über Sozialschmarotzer geschwungen. Es prägt, wenn man sieht, wie man nicht sein will.“ Geprägt hat ihn auch sein Elternhaus. Seine Mutter war Lehrerin, der Vater Architekt. „Von daheim habe ich Werte wie Nachhaltigkeit und den Sinn für ökologisches Leben gelernt. Da wurde rein gar nichts weggeworfen.“ Klingt nach einer eher grünen Sozialisierung? „Ich bin klar für rot-grün. Aber die Grünen sind mir zu monothematisch – und alle grünen Themen sind auch in der SPD angelegt.“ Und obwohl Simbeck viele Jahre sehr engen Kontakt mit Genossen von der SPD hatte – sein langjähriger Kollege John Friedmann alias Erkan Maria Moosleitner ist seit seinem 17. Lebensjahr SPD-Mitglied – ist er lange keiner Partei beigetreten. Bis vergangenes Jahr.

Da reifte in ihm der Wunsch, seine Bekanntheit als ehemaliger Teil des Komiker-Duos Erkan und Stefan für die gute Sache einzusetzen. Sozial engagiert ist er schon lange. Er hatte sich bereits für verschiedene Projekte eingesetzt und zum Beispiel die Initiative „Schule ohne Rassismus“ unterstützt. Dazu kam es, da seine beiden Kinder, mittlerweile acht und neun Jahre alt, am eigenen Leib erfahren mussten, wie es ist, aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert zu werden. „Die Kindergartenlehrerin meines Sohnes beispielsweise hat den anderen Kindern das Wort ,anders’ beigebracht, indem sie ihnen erklärt hat, dass mein Sohn anders sei.“ Und während dieser Phase der Selbstreflexion und des Suchens nach einer Möglichkeit „etwas Vernünftiges zu hinterlassen“, kam der Anruf von Markus Käser, der fragte, ob Simbeck für die SPD für den Bundestag kandidieren wolle. Und Florian Simbeck wollte. Wobei er zunächst ziemlich erschrocken sei, wie er zugibt. Nachdem er alle möglichen Szenarien durchgespielt hatte, sagte er schließlich zu – wobei er sich durchaus bewusst war, dass es nicht einfach werden würde.

„Natürlich will ich ernst genommen werden. Ich will nicht in einem Atemzug mit Polit-Clowns genannt werden.“ Und damit Florian Simbeck als der Politiker Florian Simbeck wahrgenommen wird und nicht als Stefan, der sich einbildet, auf einmal Politik machen zu können, hat er sich mit den Themen des Wahlkampfs intensiv auseinandergesetzt. „Ich schreibe mir wie damals im Jura-Studium alles auf Karteikärtchen“, erzählt er. „Alles weiß ich natürlich noch nicht. Aber ich lasse mich belehren und sage im Zweifel, dass ich mich nicht auskenne.“ Besonders am Herzen liegen ihm die klassisch sozialdemokratischen Themen – Rentenpolitik, Mindestlohn, Altersarmut, Erwerbsarmut, Mietpreise. „Ich weiß, was es bedeutet in Not zu sein“, sagt Simbeck, der selbst eine Privatinsolvenz hinter sich hat. Man merkt Simbeck an, dass er kein Politprofi, sondern ein Quereinsteiger ist. Er wirft nicht mit Zahlen um sich und versucht auch nicht, mit Detailwissen zu glänzen. Was ihm wichtig ist, ist Glaubwürdigkeit und Authentizität. „Ich habe meinen eigenen Kompass und will nah am Menschen sein. Lust auf Politik machen.“ Und wenn das mit Berlin nicht klappen sollte, dann könnte er sich durchaus vorstellen, auf kommunaler Ebene weiter für die SPD zu kämpfen. „Das Thema ist nach dem 22. September nicht erledigt!“