Meseberg (DK
Politisches Klassentreffen

Das Kabinett demonstriert nach der Klausurtagung vor allem Einigkeit und Zusammenhalt

23.01.2014 | Stand 02.12.2020, 23:10 Uhr

Meseberg (DK/AFP) Der Geist von Meseberg? Ob man ihn hier im Schloss im Havelland gespürt habe, will eine Journalistin aus der Hauptstadt am Ende wissen. „Nach Mitternacht“, verrät Sigmar Gabriel. „Himbeergeist“, sagt er knapp, und die Lacher sind ihm sicher. Auch die Kanzlerin neben ihm auf dem Podium in der alten Gärtnerei lächelt. Die Kabinettsklausur in Meseberg – eine hochprozentige Sache? „Das ist hier ein sehr professioneller Geist“, versichert der Vizekanzler und kehrt wieder zum Ernst der Sache zurück.

„Es war schön“, schwärmt die Kanzlerin. „Ein ausgezeichneter Start“, lobt ihr Vizekanzler. Die Klausur des Kabinetts jenseits des Arbeitsalltags so schnell nach Amtsantritt ist fast eine Art politischer Wellness-Treff. Merkel und Gabriel feiern die große Koalition, überbieten sich gestern Mittag bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz mit warmen Worten für das Polit-Klassentreffen auf dem Lande und den schwarz-roten Beginn.

„Es war harmonisch“, berichtet Merkel und sieht „ein hohes Maß an Übereinstimmung“. Keine Rede mehr von „Gurkentruppe“ oder von Politik nach Art einer „Wildsau“, wie es noch bei Union und FDP in der Vorgängerregierung üblich gewesen war.

Im Mittelpunkt der Beratungen stand das Jahresprogramm der Regierung für 2014. Merkel bekräftigte anschließend, dass es kommende Woche einen Kabinettsbeschluss zur Rentenreform geben solle: „Ich bin optimistisch, dass wir die Ressortabstimmung bis nächsten Mittwoch schaffen.“ Ausdrücklich stellte sich die Kanzlerin dabei hinter Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD): „Das Kabinett unterstützt die Bundesarbeitsministerin“, sagte sie mit Blick auf die laufenden Beratungen zwischen den Ministerien. Merkel widersprach Vorwürfen, die Regierungspläne für den Ausbau der Mütterrenten und die abschlagsfreie Rente ab 63 für langjährig Versicherte benachteiligten die jüngere Generation.

Bereits am Mittwoch hatte das Kabinett in Meseberg die Eckpunkte Gabriels für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gebilligt. Merkel wandte sich nach der Klausurtagung gegen Kritik von Umweltverbänden und Ökostrombranche. Die Politik der Regierung bleibe auf das Ziel ausgerichtet, den Anteil erneuerbarer Energien bis 2050 auf 80 Prozent zu steigern. „Wir müssen aber schauen, wie können wir kostengünstig den Ausbau erneuerbarer Energien voranbringen.“

Die Kanzlerin lobt den Vizekanzler, der Vizekanzler die Kanzlerin. Schwarz dankt Rot, Rot dankt Schwarz, beide Seiten spielen sich die Bälle zu – so viel Frieden und Übereinstimmung war lange nicht in einer Regierungsmannschaft, wenn man den Bildern und den Worten der Teilnehmer glauben darf. So auch beim traditionellen Familienfoto vor dem großen Gobelin fürs Album. Die Kabinettsklausur im Schloss – nicht nur aus Sicht der Kanzlerin und des Vizekanzlers ein voller Erfolg.

Abends im Kaminzimmer bei geistigen Getränken habe es gemenschelt, berichten Teilnehmer. Zeit bei einem Glas Wein, sich auch jenseits der politischen Agenda kennen zu lernen, die eigenen Erfahrungen über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auszutauschen. Die Kanzlerin, die nach ihrem Skiunfall immer noch auf Krücken angewiesen ist und sich schonen muss, habe sich schließlich früher zurückgezogen und die Himbeergeist-Runde wohl verpasst, hieß es.

Wie lange hält der Geist von Meseberg an? Die Minister jedenfalls seien derart begeistert von der Klausur im Schloss gewesen, berichtete Gabriel, dass sie sich bereits im Sommer erneut dort treffen wollten.