KOMMENTARE
Vermummungsgebot

Von Wolfgang Weber

20.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:30 Uhr
Markus Söder (CSU) hält einen Mundschutz mit der bayerischen Rautenflagge in den Händen. −Foto: Sven Hoppe/dpa/Archivbild

Ungewohnt deutlich ist Kanzlerin Angela Merkel über einzelne Landesregierungen hergezogen, denen derzeit nichts wichtiger erscheint, als die Beschränkungen wieder zu lockern, die zur Bekämpfung der Corona-Pandemie eingeführt wurden.

Ob das nun tatsächlich "Öffnungsdiskussionsorgien" sind, sei dahingestellt. Richtig ist, dass jedes Drängen auf Fahrpläne, Zeitpläne oder Sonderregelungen nur die Disziplin der Bevölkerung untergräbt, sich an die gravierenden Anti-Corona-Auflagen zu halten, weil der Eindruck vermittelt wird, ganz so dramatisch könne es ja wohl nicht sein, wenn immer noch Raum für zusätzliche Ausnahmen ist.

Bayern allerdings kann die Kanzlerin mit ihrer Rüge nicht im Blick gehabt haben. Hier verschärft Ministerpräsident Markus Söder mit der Einführung der Maskenpflicht ab kommendem Montag sogar die Zumutungen für die Bürger. Das wird etliche wieder auf die Palme bringen und besorgte Beobachter erneut vor dem Verlust an Freiheit warnen lassen. Allein die bundesweit geltende "dringende Empfehlung", Mund und Nase wenigstens behelfsmäßig abzudecken, reicht offensichtlich nicht aus. Zwar befolgen viele Bürger den Appell, viel zu viele aber reagieren eben leider nur unter Zwang. Vielfach werden nicht einmal das Abstandsgebot und die Kontaktbeschränkungen konsequent durchgehalten. Dadurch wächst die Gefahr, dass die Corona-Infektionen wieder rapide zunehmen und alles Erreichte der vergangenen Wochen vergebens war.

So lange es keinen Impfstoff und kein Medikament gegen die Pandemie gibt, ist es unverantwortlich, so zu tun, als könne man Zeitpläne für eine vorsichtige Rückkehr zur Normalität aufstellen. Für Betriebe in Existenznot ist das natürlich zum Verzweifeln und es ist deshalb völlig legitim, dass sie auf Lockerungen drängen. Aber politisch Verantwortliche müssen diesen Druck im Interesse der Gesundheit aller Bürger aushalten. Das gilt für NRW-Ministerpräsident Armin Laschet genauso wie für Bayerns stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger, die sich wegen drohender Insolvenzen für die baldige Wiedereröffnung von Gaststätten starkmachen. Wer - wenn es denn so weit käme - zu später Stunde die Abstandsregeln in Lokalen durchsetzen soll, sagen beide allerdings nicht. Und auch nicht, wie das Essen und Trinken in Restaurants mit Gesichtsmaske funktioniert.