Ingolstadt
"Nicht das größte Problem, das wir zu lösen haben"

Reinhard Brandl über den Fall Maaßen, die Bundeswehr und neue Eurofighter

20.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:38 Uhr
Reinhard Brandl zu Besuch beim Donaukurier: Der Ingolstädter sitzt seit 2009 für die CSU im Bundestag und ist Mitglied im Haushalts- sowie im Verteidigungsausschuss. −Foto: Ziegler

Die Zeiten sind unruhig für die große Koalition. Vor allem die Versetzung von Hans-Georg Maaßen ins Bundesinnenministerium setzt die SPD aber auch die Union unter Druck. Im Gespräch mit unserer Zeitung bezieht der CSU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl Stellung.




Herr Brandl, ganz Deutschland diskutiert die Causa Hans-Georg Maaßen. Hat sich die CSU mit dem Kompromiss - der Beförderung des Verfassungsschutzchefs durch Horst Seehofer - wirklich einen Gefallen getan?

Reinhard Brandl: Darum geht es nicht. Es geht darum, wie man mit einem Menschen umgeht, der einen Fehler gemacht hat. Dieser Fehler war aus meiner Sicht nicht so gravierend, dass man deshalb eine Karriere beenden muss. Das hat auch Signalwirkung für alle Mitarbeiter der Bundesverwaltung und der Sicherheitsbehörden. Sein Interview war sicher nicht klug, aber kein Grund für eine Entlassung.

Das ist die Sicht der CSU...
Brandl: Die SPD hat sich festgelegt, dass man mit Maaßen nicht mehr als Chef des Verfassungsschutzes arbeiten möchte. Das muss man akzeptieren. Jetzt hat man einen Kompromiss gefunden, mit dem vor allem die SPD nicht richtig glücklich ist. Aber dieser Lösung haben alle drei Parteivorsitzenden zugestimmt und ich erwarte, dass man sich jetzt auch daran hält.

Warum hat sich die Kanzlerin nicht mehr eingeschaltet? Angela Merkel wirkte wieder mal so, als scheue sie eine Entscheidung.

Brandl: Der Fall Maaßen ist sicher wichtig, aber auch nicht das größte Problem, das wir zu lösen haben. Bis vor wenigen Tagen kannte kaum ein Bürger diesen Namen. Die Situation wurde ordentlich hochgespielt. Und ich denke es war richtig von ihr, das nicht noch zu befeuern.

Neben den Sicherheitsbehörden ist auch die Bundeswehr ein Teil der deutschen Sicherheitsarchitektur. Sie sitzen im Verteidigungsausschuss des Bundestages. Warum schafft es Ministerin Ursula von der Leyen seit Jahren nicht so recht, die Probleme in der Truppe zu lösen?

Brandl: Man muss natürlich sehen, wie sehr sich die Anforderungen an die Bundeswehr in den vergangenen Jahren verändert haben. 2011 wurde die Neuausrichtung der Truppe beschlossen. Landes- und Bündnisverteidigung rückten in den Hintergrund und die Auslandseinsätze bestimmten die Struktur der Truppe. Durch den islamistischen Terrorismus und das Verhalten Russlands hat sich das Einsatzszenario wieder verändert. Darauf hat die Ministerin reagiert und die sogenannten Trendwenden bei der Ausrüstung und bei den Finanzen angeschoben. Aber das braucht Zeit, bis es wirkt.

Was bedeutet das konkret?

Brandl: Im Haushalt 2019 werden wir zum Beispiel mehr als vier Milliarden Euro für die Materialerhaltung ausgeben. 2015 waren es gerade mal zwei Milliarden - also eine Verdoppelung. Das wird die Einsatzfähigkeit der Truppe massiv verbessern. Solche Maßnahmen wirken aber nicht jetzt, sondern erst in einigen Jahren.

Aber dann hecheln wir immer der Lage hinterher. Wenn sich die Anforderungen in drei Jahren überraschend wieder ändern, haben wir erneut eine nicht passend aufgestellte Armee. Müsste man die Truppe daher nicht generell viel breiter ausrichten?

Brandl: Das ist in der Tat ein richtig beschriebenes Problem. Sicherheitspolitische Entwicklungen sind nicht langfristig absehbar. Dennoch muss die Bundeswehr immer kurzfristig auf neue Dinge reagieren. Bis sich jedoch neue Strukturen verfestigt haben, kann es fünf bis zehn Jahre dauern. Diese Lücke besteht immer. Deshalb wollen wir für die Truppe ein möglichst breites Fähigkeitsspektrum vorhalten.

Ein Aspekt davon könnte die Anschaffung neuer Kampfjets vom Typ Eurofighter sein. Diese werden zum Teil auch in Manching bei Ingolstadt gefertigt. Werden die Pläne jetzt konkreter?

Brandl: Die ältesten Eurofighter kommen langsam an das Ende ihrer Nutzungsdauer. Die Versorgung mit Ersatzteilen wird langsam kritisch, die Einsatzbereitschaft sinkt dadurch. Nun gibt es zwei Alternativen: Wir können in die vorhandenen Maschinen investieren und damit in alte Technik. Oder wir kaufen neue Flugzeuge, die dann auch mit modernster Ausstattung bis ins Jahr 2050 fliegen können. Ich habe mich im Ministerium dafür stark gemacht, neue Eurofighter anzuschaffen - auch um die Produktion in Manching zu sichern. Denn ohne einen neuen Auftrag endet die Auslieferung irgendwann und dann verliert Airbus am Standort automatisch Kompetenzen. Mitarbeiter würden sich neue Arbeitsplätze suchen und eingespielte Teams würden zerfallen. Das in ein paar Jahren vielleicht neu aufbauen zu müssen, ist schwierig. Unterm Strich halte ich neue Maschinen für sinnvoller und ich bin zuversichtlich, dass das Verteidigungsministerium noch heuer eine Entscheidung trifft.

Zuletzt war die Rede davon, dass sich Deutschland intensiver in Syrien engagieren könnte...

Brandl: Ziel muss es doch sein, den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien zu verhindern. Wir haben gesehen, dass Assad keine Hemmungen hat, solche Waffen gegen sein Volk zu benutzen. Die Weltgemeinschaft muss jetzt klar machen, dass sie das nicht akzeptiert. Und wir sind Teil dieser Weltgemeinschaft. Und deshalb halte ich es für falsch, einfach zu sagen, egal was passiert, wir werden nicht reagieren. Das würde den Druck auf das Regime mindern.

Und wenn Machthaber Assad doch Chemiewaffen einsetzt?

Brandl: So weit kommt es hoffentlich nicht. Falls doch, werden wir prüfen, in wie weit wir angemessen reagieren. Die Bundeswehr kann hier eine Option sein. Klar ist aber auch: Der Rahmen für einen solchen Einsatz muss rechtlich einwandfrei sein.

Aber ist denn die Truppe überhaupt in der Verfassung, noch einen weiteren großen Einsatz bewältigen zu können?

Brandl: Die Bundeswehr erfüllt derzeit all ihre Einsatzverpflichtungen. Sie ist aber in Teilen an der Kapazitätsgrenze angelangt - das betrifft vor allem die Marine. Bei einem möglichen neuen Einsatz müsste man alle Details und alle Umfänge sehr genau prüfen. Ein weiterer wirklich großer Einsatz wie in Mali oder in Afghanistan wäre aber sicher schwierig.

Kommen wir zum Abschluss noch kurz auf die bayerische Landtagswahl zu sprechen: Wer wird am Abend des 14. Oktobers der Sündenbock sein? Markus Söder oder Horst Seehofer?

Brandl: Mir geht es um ein gutes Ergebnis für meine Partei. Dafür bin ich bis zum Wahltag unterwegs und ich nehme persönlich mit, dass die Stimmung viel besser ist, als es die Umfragen aussagen. Deswegen bin ich optimistisch, dass wir nach der Wahl erst gar keinen Sündenbock brauchen.