Nach langem Ringen
Über drei Milliarden Euro Entlastung: Bundesrat stimmt Wachstumschancengesetz zu

22.03.2024 | Stand 22.03.2024, 14:33 Uhr

Das Wachstumschancengesetz ist beschlossen. Unklar bleibt, was das für die Agrarbranche bedeutet.  − Symbolbild: IChristin Klose/dpa



Der Bundesrat hat am Freitagvormittag dem Wachstumschancengesetz zugestimmt. Im Vorfeld war unklar, ob die Länder mit Ja stimmen würden. Damit sollen Steuern für Firmen erleichtert und Bürokratie abgebaut werden.



Das milliardenschwere Wachstumspaket mit Steuerentlastungen und Bürokratieabbau für Unternehmen ist beschlossen. Der Bundesrat stimmte dem sogenannten Wachstumschancengesetz am Freitag nach Gesprächen im Vermittlungsausschuss mehrheitlich zu.

„Ausgewogener Kompromiss“



Finanz-Staatssekretärin Katja Hessel bezeichnete den gefundenen Kompromiss als ausgewogen. „Er sendet das dringende Signal, das die Wirtschaft jetzt braucht“, betonte sie in ihrer Rede vor den Ländervertretern.

Investitionen anregen und entlasten



Ursprünglich sollte das Gesetz ein milliardenschwerer Rundumschlag für alle Branchen sein, der Firmen in der Konjunkturflaute entlastet und Investitionen in den Klimaschutz anregt. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte fast 50 steuerpolitische Maßnahmen vorgeschlagen. Im Kern: eine Prämie für Klimaschutz-Investitionen, dazu steuerliche Forschungsförderung, eine bessere Anrechenbarkeit von Verlusten bei der Steuererklärung und der Abbau bürokratischer Hürden.

SPD warb um Zustimmung



Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), warb vor der Abstimmung um Unterstützung: „Ich glaube, wir können es uns nicht leisten, in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage Deutschland zu schaden, indem wir parteipolitisch an dieser Ecke agieren.“ Ihre Amtskollegin aus Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), die den Vermittlungsausschuss mit geleitet hatte, mahnte: „Die Wirtschaft braucht dringend diese Impulse.“

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Länder riefen Vermittlungsausschuss auf



Im Bundestag wurde das Gesetz beschlossen, doch die Länder stoppten es danach im Bundesrat und schickten es in den Vermittlungsausschuss, weil sie hohe Einnahmeausfälle befürchteten. Der Vermittlungsausschuss ist ein Gremium mit Vertretern von Bundestag und Bundesrat, in dem beide Seiten versuchen, sich bei Differenzen über Gesetzesreformen zu einigen.

Zustimmung von CDU/CSU von landwirtschaftlicher Unterstützung abhängig



CDU und CSU machten ihre Zustimmung außerdem davon abhängig, dass die Bundesregierung Landwirtinnen und Landwirte entlastet. Sie verlangten, dass Kürzungen bei den Subventionen für Agrardiesel zurückgenommen werden. Alternativ müssten die Bauern über andere Maßnahmen im selben Volumen entlastet werden.

Wachstumspaket von sieben auf rund 3 Milliarden zusammengestrichen



Im Vermittlungsverfahren wurde das Volumen des Wachstumspakets von einst geplanten sieben Milliarden Euro bereits auf 3,2 Milliarden pro Jahr zusammengestrichen. Der Kern, die Prämie für Klimaschutz-Investitionen, wurde gestrichen. Es blieb eine Light-Variante, der die Union im Ausschuss aber trotzdem nicht zustimmte, weil die Ampel-Koalition keine konkreten Maßnahmen für die Bauern zusagte. Hessel kritisierte: „Ich kann aber nicht verstehen, wie man Sachen in Geiselhaft nehmen kann und dafür ein ganzes Land stillstehen lassen kann.“

Keine konkreten Maßnahmen für die Agrarbranche



Die Bundesregierung hat inzwischen zwar Erleichterungen für die Agrarbranche in Aussicht gestellt, legte bis zur Abstimmung im Bundesrat aber kein Paket mit konkreten Maßnahmen vor. Man sei „im engen Kontakt mit dem Berufsstand“, teilte Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) lediglich mit. Vorbereitet werden demnach Erleichterungen bei der Einkommensteuer und eine Stärkung der Bauern in der Wertschöpfungskette. Vor allem gehe es aber um einen Abbau von Bürokratie.

Linder spricht von „konstruiertem Zusammenhang“



Lindner machte deutlich, dass er keine Verbindung zwischen möglichen Entlastungen für die Landwirte und dem Wachstumspaket sieht. „Einen Zusammenhang zur Agrarpolitik, den gibt es ja nicht, den hat die Union konstruiert“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Union sei auch nicht in der Position, solche Bedingungen zu stellen, denn sie trage eine Mitverantwortung für die schlechte Wettbewerbslage der deutschen Wirtschaft. „Während der Regierungszeit der CDU, seit 2014, haben wir dramatisch an Wettbewerbsfähigkeit verloren.“

Über Abbau der Agrardiesel-Subventionen wird noch abgestimmt



Auch der schrittweise Abbau der Agrardiesel-Subventionen sollte am Freitag im Bundesrat noch zur Abstimmung stehen. Die Länder haben die Möglichkeit, auch hierzu den Vermittlungsausschuss anzurufen. Damit würden allerdings auch weitere Maßnahmen auf Eis gelegt, die die Bundesregierung zur Konsolidierung des Haushalts für 2024 beschlossen hat, etwa die höhere Luftverkehrsteuer und verschärfte Sanktionen beim Bürgergeld. Nachdem das Bundesverfassungsgericht kurz vor Jahresende ein Milliardenloch in die Haushaltspläne der Bundesregierung gerissen hatte, muss sie nun stärker sparen.

− dpa