Kreml-Rekrutierung läuft
US-Institut: Prigoschins Tod beendet Unabhängigkeit der Wagner-Gruppe

25.08.2023 | Stand 25.08.2023, 23:03 Uhr

Petersburg: Ein Porträt des Eigentümers des privaten Militärunternehmens Wagner Group, Jewgeni Prigoschin, liegt an einem informellen Gedenkstätte neben dem ehemaligen PMC Wagner Centre. Der russische Präsident Putin hat den mutmaßlichen Tod des Chefs der Privatarmee Wagner, Prigoschin, bei einem Flugzeugabsturz indirekt bestätigt. −Foto: Dmitri Lovetsky/AP/dpa

Der mutmaßliche Tod des Söldnerführers Jewgeni Prigoschin bedeutet nach Einschätzung von US-Militärexperten wohl das Ende der Wagner-Gruppe als quasi-unabhängige Privatarmee.



Lesen Sie dazu auch: Von „Putins Koch“ zum Verräter: Das ist Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin

Der Verlust der zentralen Führungsfigur schwäche ihre Fähigkeit, der Kampagne des Kremls und des russischen Verteidigungsministeriums entgegenzutreten, die die Gruppe nach ihrer Rebellion am 24. Juni destabilisieren und zerstören wollten, schrieb das US-Institut für Kriegsstudien ISW in seiner Analyse am Donnerstag (Ortszeit).

Wagner-Personal wird bereits rekrutiert



Berichten zufolge habe das Ministerium bereits selbst private Militärgruppen eingerichtet, welche derzeitiges und früheres Wagner-Personal rekrutierten, hieß es weiter. Dabei gehe es um die Kontrolle von Wagner-Operationen im Ausland. Unklar sei, ob der Kreml Wagner komplett auflösen oder als kleinere, dem Verteidigungsministerium unterstehende Organisation neu aufstellen wolle. Dass Wagner als quasi-unabhängige Gruppe mit neuer, kremltreuer Führung erhalten bleibe, sei als dritte Option zwar möglich, aber nach ISW-Einschätzung unwahrscheinlich.

Wagners Kommandantenrat schweigt



Die US-Experten verwiesen darauf, dass sich Wagners Kommandantenrat seit Prigoschins mutmaßlichem tödlichen Flugzeugabsturz noch nicht öffentlich zur Zukunft der Gruppe geäußert hat. Dies könne für ein allgemeines Chaos innerhalb der Befehlsränge sprechen oder für eine explizite Schweige-Anweisung russischer Autoritäten, schrieb das ISW. Wladimir „Putins fast sichere Ermordung von Wagners Führung hat sehr deutlich gemacht, dass der Kreml nach außen hin feindselig gegenüber denen sein wird, die versuchen, die Unabhängigkeit ihrer eigenen parallelen Militärstrukturen zu sichern“, hieß es in der Analyse.

Mutmaßlicher Mord als Drohung zu verstehen



Ein von Putin persönlich ausgewählter Prigoschin-Nachfolger liefe wiederum Gefahr, sich den Zorn der Wagner-Basis zuzuziehen. Nach dem Wagner-Aufstand werde der Kreml wahrscheinlich jegliche künftige Gründungen militärischer Gruppen anhand seiner Erfahrungen mit Wagner und Prigoschin beurteilen, so die Einschätzung aus Washington. Der mutmaßliche Mord an dem Söldnerführer werde damit zur stehenden Drohung an alle, die versuchten, ähnliche Parallelstrukturen zu errichten.

− dpa