„Tragödie mit Ansage“
Busunglück in Venedig: Drei Deutsche unter Todesopfern – wohl auch ein Mädchen (1)

05.10.2023 | Stand 05.10.2023, 20:46 Uhr

Journalisten an der Unfallstelle in Venedig. Hier stürzte ein Bus von einer Brücke. 21 Menschen kamen ums Leben, darunter drei Deutsche. − Foto: Imago/Goran Kovacic

Nach dem schweren Busunglück in Venedig haben die örtlichen Behörden den Tod von drei Deutschen gemeldet.



Einem Bericht der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“ zufolge soll es sich bei einem der deutschen Opfer um ein einjähriges Mädchen handeln. Unter den insgesamt 21 Opfern waren außerdem neun Ukrainer und vier Menschen aus Rumänien, wie ein Sprecher des Bürgermeisters von Venedig am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP sagte. Das Unglück hat in Italien eine Debatte über marode Infrastruktur ausgelöst. Ein Opferverband sprach von einer vorhersehbaren „Tragödie“.

Zwei Brüder aus Deutschland unter Verletzten – Eltern tot



Die weiteren Todesopfer stammten demnach aus Portugal, Südafrika und Kroatien. Der italienische Fahrer des Busses starb ebenfalls. 15 Menschen wurden bei dem Unfall nach Angaben der Regionalbehörden verletzt. Zehn von ihnen befanden sich am Mittwoch noch auf der Intensivstation. Italienische Medien berichteten, dass unter den Verletzten zwei Brüder aus Deutschland im Alter von sieben und 13 Jahren seien. Ihre Eltern waren demnach unter den Todesopfern.

Der Bus war nach Angaben der Feuerwehr von Venedig am Dienstagabend von einer Brücke über eine Eisenbahnlinie zwischen Mestre und Marghera gestürzt, zwei auf dem Festland befindlichen Stadtteilen Venedigs. Das Fahrzeug fing demnach nach dem Sturz Feuer. Der Bus befand sich zum Zeitpunkt des Unglücks gegen 19.30 Uhr auf dem Rückweg vom historischen Zentrum Venedigs zu einem Campingplatz. Indes trafen Angehörige der Opfer in Venedig ein, um Verletzte zu sehen oder Tote zu identifizieren.

Der Vorsitzende eines Verbands von Verkehrsunfallopfern, Domenico Musicco, erklärte, es handele sich um „eine Tragödie mit Ankündigung“. Die betroffene Straße hätte eigentlich modernisiert werden müssen, um einen Bus-Absturz auszuschließen. Die Straße sei nur durch „ein einfaches Geländer“ gesichert gewesen, betonte der Betreiber des Unfall-Fahrzeugs, Massimo Fiorese, gegenüber der italienischen Nachrichtenagentur Ansa.

Batterien von Elektrobus sollen Löscharbeiten erschwert haben



„Das Ausmaß war schrecklich, weil er aus mehr als zehn Metern Höhe stürzte“, schilderte Venedigs Feuerwehrchef Mauro Luongo. Erschwerend hinzugekommen sei, dass es sich um einen Elektrobus gehandelt habe und seine Batterien Feuer gefangen hätten.

Innenminister Matteo Piantedosi hatte von einem mit Erdgas betriebenen Bus gesprochen und gesagt, durch die Methangaszufuhr habe sich das Feuer „schnell ausgebreitet“. Ein AFP-Fotograf beobachtete, dass Einsatzkräfte an dem auf dem Dach liegenden Buswrack zunächst darauf warten mussten, dass sich die Batterie des Busses abkühlte.

Venedigs Bürgermeister Luigi Brugnaro sprach im Online-Netzwerk Facebook von einer „apokalyptischen Szene“. Der Regierungschef der Region Venetien, Luca Zaia, sagte, wegen der „riesigen Tragödie“ würden die Flaggen an Regierungsgebäuden auf Halbmast gesetzt, zudem wurde eine dreitägige Trauerzeit ausgerufen. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni drückte „ihr tiefstes Mitgefühl“ aus. Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach den Opfern und ihren Angehörigen ihr Mitgefühl aus.

Gesundheitliche Probleme bei Busfahrer vermutet



Die Unglücksursache war zunächst unklar. Derzeit sei die Hauptvermutung, dass der Busfahrer während der Fahrt gesundheitliche Probleme bekommen habe, sagte Regionalpräsident Zaia. Auch Verkehrsminister Matteo Salvini nannte diese Vermutung. Um den Unfallhergang zu rekonstruieren, werteten Ermittler Bilder von Überwachungskameras aus.

Bei dem Bus handelte es sich um ein chinesisches Fabrikat vom Typ E12 Yutong. Er verkehrte normalerweise als Linienbus in Venedig, war aber von einem Privatunternehmen angemietet worden, um etwa 40 italienische und ausländische Touristen aus dem historischen Stadtzentrum zurück zu einem Campingplatz zu bringen.

Venedig ist eine der meistbesuchten Städte der Welt. Zu Spitzenzeiten übernachten in der Lagunenstadt 100.000 Touristen pro Nacht, hinzu kommen zehntausende Tagesbesucher.

− afp/cav