Köln
Trotz zweier Freisprüche: Opfer von Polizeigewalt soll wieder vor Gericht

13.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:46 Uhr
Teilnehmer ziehen am 27.06.2015 in Berlin beim Christopher Street Day (CSD) über die Straße des 17. Juni. Unter dem Motto "Wir sind alle anders. Wir sind alle gleich" ziehen die Teilnehmer durch die Stadt. Im Zentrum der diesjährigen Parade steht die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften. −Foto: Britta Pedersen (dpa-Zentralbild)

Bei der Urteilsverkündung rang der Richter um Fassung - und entschuldigte sich sogar beim Angeklagten. Doch obwohl zwei vorhergegangene Verfahren mit einem Freispruch endeten, muss sich ein 28-Jähriger wieder vor Gericht wegen Widerstand gegen Polizeibeamte und Beleidigung verantworten.

Das berichtet der WDR. Das ARD-Politmagazin Monitor hat den Fall über zwei Jahre begleitet.Sowohl vom Amts- als auch vom Landgericht Köln wurde der 28-Jährige freigesprochen. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Der Mann hätte am Rande des CSD (Christopher Street Day) 2016 Widerstand gegen Polizeibeamte geleistet und sie beleidigt.

Richter: "Schäme mich für diesen Staat"

Der um Fassung ringende Richter am Landgericht entschuldigte sich sogar bei dem Angeklagten. Er schäme sich für diesen Staat, der einen Menschen so behandele", berichtet der WDR. Bereits in der Vorinstanz hatte die Richterin das Verhalten der Polizisten laut dem Medienbericht als unangemessen bezeichnet.

Und der Fall klingt tatsächlich skandalös: Laut dem Medienbericht hatten die Polizisten auf den Mann eingeschlagen. Danach riefen sie allerdings keinen Krankenwagen, sondern nahmen den Mann in Gewahrsam und nahmen ihm - ohne richterlichen Beschluss - Blut ab. "Mitten in der Nacht setzten sie ihn in Unterwäsche vor die Hintertür des Polizeipräsidiums. Seine Kleidung war unerklärlicherweise klatschnass", schreibt der WDR. Der Betroffene spricht in dem Bericht von einem "Bild voller Scham". Er habe am Rande des CSD in einem Schnellrestaurant nur zwei Frauen bei einer Rangelei helfen wollen.

Polizistin sagt als Zeugin aus - und verliert Job

Die Freisprüche in beiden Instanzen haben unter anderem auch mit den Zeugenaussagen einer Polizeischülerin zu tun. "Sie stand daneben, als ihr Ausbilder Keller zu Boden warf und zuschlug", schreibt der WDR. Das bezeugte sie auch vor Gericht. Das blieb für sie aber offenbar nicht ohne Folgen: "Kurz nach dem Vorfall fiel sie durch die letzte Prüfung an der Polizeihochschule und verlor dadurch ihren  Job. Ihr Prüfer war jener Polizist, der Keller [geänderter Name des WDR, Anmerkung der Redaktion] geschlagen hatte", heißt es in dem Bericht. 

Doch die Ermittlungsbehörde lässt nicht locker: Das Kölner Landgericht bestätigte gegenüber dem , dass die Staatsanwaltschaft Revision beantragt hat.

Sophie Schmidt