Bielefeld
Forderten Gesundheitsämter, Kinder in Quarantäne von Familien isolieren?

06.08.2020 | Stand 02.12.2020, 10:49 Uhr
Ein Kind spielt in einer Kindertageseinrichtung . −Foto: Rolf Vennenbernd/dpa/Symbolbild

Bielefeld - Gesundheitsämter in mehreren Bundesländern fordern Eltern in der Coronakrise offenbar dazu auf, ihre Kinder in häuslicher Quarantäne getrennt von der Familie in einem Raum zu isolieren, wenn ein Corona-Verdacht besteht. Die Behörden weisen den Vorwurf später zurück.

Nach Informationen von nw.de haben die Gesundheitsämter der Kreise Offenbach und Karlsruhe in einer Anordnung gefordert, es solle keine gemeinsamen Mahlzeiten geben. Zudem drohten sie Eltern, dass bei Zuwiderhandlung das Kind in einer geschlossenen Einrichtung für die Dauer der Quarantäne untergebracht werde. Bei den Empfängern der Anordnungen handelt es sich um Eltern von Kindern zwischen drei und elf Jahren.

Kinderschutzbund: "Psychische Gewalt"

Dem Kinderschutzbund sind solche Fälle bekannt. In mindestens einem Fall, der vorliege, werde der Familie bei Zuwiderhandlung mit der Herausnahme aus der Familie des 8-jährigen Kindes gedroht. Hierzu erklärt Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers:„Die Situation der Quarantäne ist für Familien, insbesondere für Kinder ohnehin sehr belastend. Kinder in dieser Phase von ihren Eltern und Geschwistern zu isolieren, ist eine Form psychischer Gewalt. Der Kinderschutzbund empfindet diese Maßnahmen als unverhältnismäßig und nicht hinnehmbar." Anzudrohen, die Kinder aus den Familien zu nehmen und unterzubringen, würden die Familien nachhaltig verunsichern, heißt es in einer Pressemitteilung.

"Ganz sicher" müssten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie getroffen werden. "Dies lässt sich aber auch regeln, indem man den gesamten Haushalt oder doch zumindest noch ein sorgeberechtigtes Elternteil in die Quarantäne-Maßnahmen einbezieht. Ich rufe die kommunalen Verantwortungsträgerinnen und –träger auf, in allen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie dem Kindeswohl und den Kinderrechten Vorrang einzuräumen.“

Update: Behörden weisen Vorwürfe zurück

Der Kreis Offenbach weist die Vorwürfe inzwischen zurück, wie op-online berichtet. Es liege ein Missverständnis vor. Das scheint aufgrund von Textbausteinen entstanden zu sein, die jeder Brief an einen Menschen mit einem positiven Corona-Test erreichen soll - egal wie alt. Darunter auch ein Passus zun Thema Quarantäne. "Natürlich dürfen und sollen sich die Eltern weiter vollumfänglich um das Kind kümmern", zitiert das Medium weiter. Und: "Es gehe darum, wo möglich und vertretbar, Alternativen im täglichen Umgang miteinander zu finden. Gemeint sei zum Beispiel, übermäßige Kontakte zu den Geschwistern - wenn umsetzbar - zu vermeiden."

Nw.de zitiert außerdem das Gesundheitsministerium, das anführt, dass Eltern in NRW nicht dazu aufgefordert würden, ihre Kinder in häuslicher Quarantäne vom Rest der Familie zu isolieren. Auch mit Inobhutnahmen werde nicht gedroht.

Die Stadt Bruchsal bestätigte am Donnerstag das Schreiben, wie die Welt berichtet. Man betont aber auch: "An eine Trennung des Kindes von den Eltern ist hier überhaupt nicht gedacht!" Das Landratsamt Karlsruhe sieht sich dem Bericht zufolge "bewusst missverstanden". Dass Isolationsmaßnahmen bei Kindern abhängig von Alter, Entwicklungsstand und auch den Bedürfnissen des einzelnen Kindes umgesetzt werden sollten, sei klar.