Wilder Osten tief im Westen

Im Kölner "Tatort" gerät Ermittler Freddy Schenk in Bedrängnis - Eine heiße Spur führt in die deutsch-deutsche Vergangenheit

08.01.2021 | Stand 23.09.2023, 16:20 Uhr
Am Ende wieder vereint: Szene mit Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, r.) und Freddy Schenk (Dietmar Bär). F.: Thomas Kost/WDR −Foto: Thomas Kost

Köln - Auch mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung ist die Stasi nicht totzukriegen.

Noch schlimmer: Sie taucht an TV-Orten auf, wo man sie nun gar nicht vermuten mag - zum Beispiel im Kölner "Tatort". Wer beim aktuellen Episoden-Titel "Der Tod der Anderen" ahnt, das könnte thematisch eine Anspielung auf den grandiosen Spielfilm "Das Leben der Anderen" (2006) sein, liegt richtig. Auch in Köln wird nun Vergangenheitsbewältigung betrieben. In einem Fall, der die Zuschauer auf eine harte Probe stellt. Dabei lässt sich die Chose vielversprechend an: Eine Frau, die optisch eher in der Bahnhofsmission zu verorten wäre, checkt in einem edlen Hotel ein, bestellt im Restaurant zum Abendmenü den teuersten Wein, baggert an der Bar einen Vertretertypen an und lädt ihn auf ihr Zimmer. Als der Hoffnungsfrohe wenig später den Fuß über die Schwelle setzt, baumelt die Schwerenöterin tot von der Decke, Hände und Füße gefesselt, den Mund zugeklebt.
Ganz klar eine Hinrichtung - denken Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär), die zum 80. Mal als "Tatort"-Duo ermitteln dürfen. Und auch eine mögliche Täterin haben sie schnell ausgemacht: die selbstbewusste Hotelchefin Bettina Mai (Ulrike Krumbiegel). Sie sollte offenbar vom Opfer, mit dem sie eine gemeinsame DDR-Vergangenheit verband, erpresst werden.

Ausgerechnet Norbert Jütte (Roland Riebeling), der schläfrigste aller "Tatort"-Assistenten, soll die Verdächtige im Auge behalten, bis die Kommissare mit dem Haftbefehl eintreffen. Das geht natürlich in die Hose, die wehrhafte Frau Mai übertölpelt Jütte und sperrt ihn weg, dann nimmt sie auch noch Schenk als Geisel. Er soll ihr helfen, den wahren Mörder zu finden, ansonsten verhungert und verdurstet Jütte früher oder später in einem Kellerloch.
Alte Ost-West-Konflikte, eine doppelte Entführung, zwei Kommissare, die getrennt werden und doch gemeinsam zum Ziel kommen müssen - Potenzial hätte dieser "Tatort" schon. Doch das wird fahrlässig verschenkt: Die Story ist verworren, das Verhalten von Schenk, der zunehmend konspirativ Gefallen an seiner Entführerin findet, unglaubhaft. Und auch mit seiner allerletzten Patrone landet dieser Krimi keinen Treffer. DK

Sonntag, 20.15 Uhr, ARD.

Roland Holzapfel