Wilde Reise durch die Nacht

12.07.2006 | Stand 03.12.2020, 7:43 Uhr
Produzent Lennart Harendza im Gespräch mit seiner Hauptdarstellerin Julia Schmidt bei den Dreharbeiten auf dem Rathausplatz. −Foto: Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) "Zwei Reisende in einer Sommernacht" heißt der zwölfminütige Kurzfilm, den der Ingolstädter Produzent Lennart Harendza als "surreale Lovestory" beschreibt. In seiner Heimat entstehe "großes Kino im kleinen Rahmen", so der 22-Jährige.

"Zwei Reisende in einer Sommernacht" heißt der zwölfminütige Kurzfilm, den Lennart Harendza als "surreale Lovestory" beschreibt: Der melancholische Pantomime Manuel trifft auf dem Heimweg Lisa, die sich von einer Brücke stürzen will. Er hält sie davon ab und nimmt sie auf seinem Fahrrad mit . Doch später kommt es zum Streit. Sie wirft ihm vor, dass er unfähig sei, wahre Gefühle zu empfinden, ja, sie nur spielen könne . Lisa verschwindet . Und Manuel beginnt eine bange Suche durch d ie nächtliche Stadt.

Zentrales Element, erläutert Harendza, soll ganz klar das Wasser sein. Das Finale wurde deshalb Dienstagnacht an der Donaubühne im Klenzepark gedreht. Gestern Nachmittag wechselte man für einen weiteren Dreh auf den Rathausplatz. Dort zeigte der Pantomime vor Passanten seine Kunstfertigkeit.

Nachdem sie das Drehbuch von Felicitas Darschin, Studentin an der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) im dritten Jahr, die hier auch Regie führt und produziert, gelesen hatten, verzichteten alle Beteiligten auf ihre Gagen . Etwa Kameramann Helmfried Kober, der schon mehrmals mit Josef Vilsmaier und in diversen Tatort-Produktionen gearbeitet hat und an diesem Projekt schon seit Fertigstellung des Drehbuchs beteiligt war. Er sieht seine Herausforderung vor allem darin, den "Bühnencharakter und die Losgelöstheit der Personen zu betonen". Ihm geht es darum, wirkliche Filmkunst zu schaffen. So wird zum Beispiel der gesamte Film nahezu schwarz-weiß sein, Rot als einzige Farbe vorhanden bleiben. Mit ungewöhnlichen Mitteln erzeugt man Lichteffekte : ein Schlauchboot, das mit Wasser und Spiegelscherben gefüllt ist, bricht das Scheinwerferlicht.

Doch wie war es HFF-Studenten möglich, so bekannte Schauspieler zu überreden, ohne Gage mitzumachen? Sowohl Mehdi Moinzadeh als auch Julia Schmidt sind regelmäßig im Tatort zu sehen, er als Alim Zainalow zusammen mit Axel Milberg in Kiel, sie als Jenny Graf in Hamburg an der Seite von Kommissar Jan Casstorff alias Robert Atzorn. S ie glauben an das Projekt. "Ich mache oft auch kleine Produktionen, weil man da schau- spielerisch viel intensiver arbeiten kann", meint Moinzadeh.

Das Ziel dieser Produktion von Lennart Harendza und Felicitas Darschin in Zusammenarbeit mit der HFF München ist es, auf Internationalen Filmfestivals gespielt zu werden und natürlich Erfahrung zu sammeln. Doch in erster Linie "macht man Filme vor allem, weil es Spaß macht!"

Z um Glück haben sie auch Sponsoren gefunden, die einiges Filmmaterial bereitgestellt haben, aber es werden noch dringend weitere Förderer gesucht.

Die Arbeit als Produzent ist anstrengend, und man muss sich auf einen veränderten Tagesrhythmus einstellen, erklärt Harendza: "Man dreht nachts, also schlafen alle tagsüber, einer muss aber den Ablaufplan für die nächste Nacht erstellen und sich um Sponsoren und Equipment kümmern, sodass zum Schlafen nur die Nachmittagsstunden bleiben." Auch müssen für die Drehorte diverse Genehmigungen eingeholt werden. So musste beim Dreh im Klenzepark der Freistaat Bayern, Besitzer des Parks, eine E rlaubnis erteilen. D a man aber auch die Fußgängerbrücke in Richtung Neues Schloss nützt, benötigte man die Zustimmung des Ingolstädter Tiefbauamtes. Insgesamt ein wahrer Papierkrieg , der einiges an Zeit und Nerven erfordert. Harendza, der sich in Ingolstadt schon früh vor allem mit seinem multimedialem Stationentheater zu Goethes "Faust I" einen Namen als Schauspieler und Regisseu r machte, ist von diesem Beruf trotzdem fasziniert, weil er für ihn die Brücke zwischen Traum und beruflicher Sicherheit darstellt.

"Die märchenhafte Reise zweier Nachtgestalten, die losgelöst von ihrem realen Umfeld in einer surrealen Welt treiben", wie Felicitas Darschin ihren Film beschreibt, soll im September auch im Georgianum gezeigt werden.