Wehmut, Nähe, Hoffnung

Mit "Hope at Home" bietet Arte täglich ein besonders gelungenes Wohnzimmerkonzert-Format

02.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:37 Uhr
Geiger Daniel Hope spielt jeden Abend ein Live-Heimkonzert mit Gästen. Es ist kostenlos in der ARD-Mediathek zu sehen. −Foto: Poese

Berlin - Kulturgenuss zu Hause statt vor einer Bühne - das bedeutet leider oft, dass man Klang, Bildqualität und Nähe einbüßt.

Gerade bei Konzerten merken es die Künstler und ihr Publikum schmerzlich, dass das Live-Feeling irgendwo in den Glasfaserkabeln verloren geht. Der deutsch-französische Sender Arte hat mit einem täglichen Online-Format nun eine Lösung gefunden, die diese Defizite etwas ausgleicht. Das abendliche Wohnzimmerkonzert "Hope at Home" mit dem Geiger Daniel Hope und seinen Gästen ist so schön produziert, dass man Nähe empfindet. Ein wertvolles Gefühl in diesen Zeiten.

Erst einmal bis zum 7. April - eine Fortsetzung ist nicht ausgeschlossen - sendet Arte live aus Daniel Hopes Wohnzimmer "mitten in Berlin", wie der Musiker sagt. Es ist ein attraktiver Raum mit Flügeltür, Kunst an den Wänden und einer Büste - mit Mundschutz - auf dem Sideboard. Über den edlen Holzboden ziehen sich Kabel über Kabel, die gediegene Optik wird durchbrochen von vielen Mikrofonständern und einer großen Kamera im Hintergrund. Denn hier findet Tag für Tag eine professionelle Fernsehproduktion statt.

Und das ist schon die Hälfte des Geheimnisses, warum dieses Format Nähe erzeugen kann. Die Berliner Firma Kobalt Productions macht hier im Auftrag des öffentlich-rechtlichen Senders einfach gute Arbeit. Daniel Hope darf man beim Musizieren aus nächster Nähe ins Gesicht sehen, der Blick schweift manchmal ganz natürlich durchs Wohnzimmer, man beobachtet die Hände des Pianisten Christoph Israel, schaut kurz in seine Noten. Einzeln im Raum stehende Retro-Glühbirnen-Lampen tauchen alles in ein warmes Licht und schieben sich in manchen Perspektiven vor die Musiker. So entsteht ein eigentümlich heimeliges Gefühl.

Teil zwei des Geheimnisses um die Nähe sind die Musiker selbst. Sie spielen nicht nur wundervoll - und in ebensolcher Tonqualität - am Mittwochabend zum Beispiel Edward Elgars "Chanson de nuit" und "Chanson de matin". Sondern sie moderieren auch sehr persönlich, ihrem Publikum sehr zugewandt. Seit dem Beginn der Sendung am 25. März erhalte er "Nachrichten von jedem Kontinent", sagt Hope und zeigt ein eingesandtes Video von der kleinen Philomena, die Klavier spielt. Auch Geiger David Garrett hat einen musikalischen Gruß geschickt. Pianist Christoph Israel widmet ein Stück allen Menschen, die in Fernbeziehungen sind und sich momentan nicht sehen können, und grüßt mit wehmütigem Unterton seine Tanja in Boston.

Dann spaziert ein weiterer Star ins Wohnzimmer: Trompeter Till Brönner, der ebenfalls in Berlin lebt, ist Hopes Einladung gerne gefolgt. Bevor die drei Musiker zusammen den Jazz-Standard "Autumn Leaves" interpretieren, erzählt Hope von einem Mann, der ihre Sendungen von Anfang an verfolge und dem die Musik über den Tod seiner Frau vor einigen Jahren hinweghelfe. "Das ist für Sie, Dietmar", sagt Hope und setzt die Geige an.

Und so bietet das Format "Hope at Home" täglich eine gute halbe Stunde Musik aus verschiedenen Genres und Talk mit Gästen wie dem Sänger Max Raabe oder der Hornistin Sarah Willis. Mitfühlen kann man Wehmut, wenn die Künstler sich über die derzeit schwierige Situation der Kulturbranche unterhalten, und Hoffnung, die Hope mit seiner Sendung verbreiten will. Sehen kann man den Live-Stream täglich in der Arte-Mediathek unter www. arte. tv/de oder über die Facebook- und Instagram-Seite von "Arte concert". Die Sendungen stehen danach bis Ende Juni in der Mediathek zur Verfügung - auch die vergangenen Episoden lohnen sich.

DK