Berlin
Mit Themen überfrachtet

In "Dogs of Berlin" geht es um Fußball, Bandenkrieg, Clans, Neonazis und vieles mehr - Neue Serie auf Netflix

12.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:23 Uhr
Schwierige Ermittlungen: Szene aus "Dogs of Berlin". −Foto: Erhard

Berlin (DK) "Schaut auf diese Stadt", so lautete einer der Sätze aus der legendären Rede des damaligen SPD-Oberbürgermeisters Ernst Reuter zur Berliner Luftbrücke im Jahr 1948. "Schaut auf diese Stadt", das sagen sich auch viele Macher des derzeitigen deutschen Serienbooms, denn die Hauptstadt erfreut sich sowohl bei historischen Stoffen ("Babylon Berlin", "Charité") als auch bei Gegenwartsthemen ("4 Blocks", "Beat") großer Beliebtheit als Schauplatz. Auch die neue Netflix-Serie "Dogs of Berlin" spielt in der pulsierenden Metropole.

Zu Beginn brennt die Stadt, es toben Straßenkämpfe. Dann geht die Handlung sieben Tage zurück und wird chronologisch erzählt. Kurt Grimmer vom LKA ist zufällig vor Ort, als in Berlin-Marzahn eine Leiche entdeckt wird. Es handelt sich um den deutsch-türkischen Starkicker Orkan Erdem, der tags darauf mit der deutschen Nationalmannschaft ein Länderspiel gegen die Türkei bestreiten sollte. Sein Tod wird geheimgehalten. Grimmer, dessen Mutter und Bruder der Neonaziszene angehören, erhält für den Fall den türkisch-stämmigen Kollegen Erol Birkan zur Seite gestellt, der seit Jahren gegen das organisierte Verbrechen ermittelt. Mit- und gegeneinander sucht das ungleiche Duo in der SOKO "Rote Karte" den oder die Täter in den Kreisen von Neonazis, arabischen Clans und der serbischen Wettmafia.

Nach "Dark" ist "Dogs of Berlin" die zweite deutsche Serienproduktion des Streamingdienstes Netflix. Und die erinnert stark an die Gangsterserie "4 Blocks", die in Berlin-Neukölln spielt und bereits in der zweiten Staffel (eine dritte wurde gerade in Auftrag gegeben) läuft. Auch wenn Autor und Regisseur Christian Alvart (hat die Til-Schweiger-"Tatorte" inszeniert) betont, er hatte die Idee und die Story bereits vor zehn Jahren, so muss er sich Vergleichen mit der preisgekrönten Produktion stellen. Der Blick in die Abgründe Berlins ist beiden Serien gemeinsam. Und in beiden Produktionen geht es in puncto Gewalt und Action zur Sache.

Was "Dogs of Berlin" aber fehlt ist die Handlungsdichte. Alvart, der in zehn Folgen als Autor von namhaften Schreibern wie Michael Proehl ("Tatort: Im Schmerz geboren") unterstützt wurde, überfrachtet die Geschichte mit Themen. Es geht um Clans, Bandenkrieg, Fussball, Wettbetrug, Korruotion, Schutzgeld, Neonazis, Freundschaft, Liebe, Zusammenhalt, soziale Unterschiede und kontrastierende Milieus. Die Serie erzählt von Schicksalen und Lebensentwürfen von Menschen, arbeitet aber zu viel mit Stereotypen und Klischees, den Dialogen fehlt zuweilen die Prägnanz. Klar, es gibt auch starke Figuren, allen voran "Bine", Grimmers Geliebte, alleinerziehend, abgestürzt. Anna Maria Mühe spielt sie zwischen Suff und Sex, Kampf und Kind atemberaubend gut.

Und auch die beiden Cops sind mit ihren unterschiedlichen Biografien und persönlichen Altlasten, die sie bei den Ermittlungen begleiten und lenken, sehenswert. Felix Kramer als Grimmer und Fahri Yardim, mit dem Regisseur Alvart auch schon im Thriller "Abgeschnitten" zusammengearbeitet hat, können überzeugen. Dynamisch und düster hat Alvart die Serie inszeniert, die Actionszenen sind gelungen, was man über die in Szene gesetzten Fußballspiele wahrlich nicht sagen kann. Das sieht schlimm aus.

"Dogs of Berlin", 10 Folgen, abrufbar auf Netflix.
 

Volker Bergmeister