Ingolstadt
Neue Welt erobert

Wille & The Bandits beim Ingolstädter Bluesfest

16.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:15 Uhr

Ingolstadt (DK) Sie kommen aus dem englischen Plymouth und erobern derzeit den Kontinent mit großartiger Musik.

Das letzte Konzert diesseits des Ärmelkanals führt sie an diesem Abend im Rahmen des Blues-fests in die Ingolstädter Neue Welt, in der es am Ende nach knapp zwei Stunden niemand mehr auf den Stühlen hält, was dort eher selten vorkommt.

Wille & The Bandits heißt die Band, und in der Tat, diese Banditen machen keine Gefangenen, sondern erobern den Club im Handstreich. Mit psychedelisch angehauchtem Rock, Roots-Blues, vielen Reminiszenzen an die 70er-Jahre, ein paar Einsprengseln Folk und einmal sogar mit Ragarock inklusive Sitarsound und Woodblock-Percussion. Wille Edwards ist zuständig für alle möglichen Gitarren, inklusive Lap Steel und elektrisch verstärkter Weissenborn, Matthew Brooks bearbeitet den sechssaitigen Bass und den fünfsaitigen E-Kontrabass, während Andrew Naumann, wenn's gerade passt, auch mal statt der üblichen Snaredrum die Djembe ins Drumset einbaut.

Es sind tatsächlich nur drei Musiker, die hier auf der Bühne stehen, und dennoch klingen sie mit Unterstützung von Bass Pedals und allen möglichen Effekten wie ein Rockorchester. Wer im Auditorium sich mit Wehmut an die klanglich geradezu opulenten Livekonzerte von Rush oder vergleichbarer Bands des Prog-Rock aus den 70ern erinnern kann, der kommt hier voll auf seine Kosten.

Natürlich sind Edwards und seine Banditen nicht so bekannt wie jene zu deren Hochzeiten, können aber jederzeit mithalten. Das liegt am handwerklichen Können, aber auch an den wunderschönen, oft recht langen Stücken, in denen intime, fast zerbrechlich anmutende Passagen und klangliche Eruptionen oft gar nicht weit auseinander liegen. Da sind die mit Vollgas losbretternden Kracher wie "Bad News" und "Gotta Do Better", da ist "Living Free", dessen Eingangsakkorde direkt aus dem Weltraum zu kommen scheinen, da ist "Scared Of The Sun" mit über die Basspedale abgerufenen Synth-Sounds und - ja, auch das, denn man spielt ja schließlich bei einem Bluesfestival - da sind noch die verteufelt guten Versionen von Robert Johnson's "Crossroad Blues" und Peter Green's "Black Magic Woman".

Wille Edwards, Namensgeber des Trios, exzellenter Gitarrist, Komponist und Sänger mit markanter Rockröhre, steht im Mittelpunkt des Abends, aber im Grunde ist es doch das Trio insgesamt, das ihn zu einem echten musikalischen Ereignis macht. Es ist wohl wie im richtigen Leben eines Outlaws: Ohne eine verwegene Bande in der Rückhand und auf sich allein gestellt bliebe auch der wackerste Räuberhauptmann erfolglos.

Karl Leitner