Ingolstadt
Musikalische Abrechnung

Kanadische Sängerin Layla Zoe beschließt Ingolstädter Bluesfest

27.07.2018 | Stand 23.09.2023, 4:14 Uhr
Pure Lebensfreude auf der Bühne: Sängerin Layla Zoe und ihr Gitarrist Jan Laacks traten in der Neuen Welt auf. −Foto: Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) Der Film "Lady Sings The Blues" beschäftigt sich mit dem Leben der legendären Billie Holiday.

Dieser Titel würde auch zum Konzert der kanadischen Sängerin Layla Zoe passen. Auch sie singt den Blues und beschließt damit das 29. Ingolstädter Bluesfest mit der Musik, die hinter dem ganzen Festival steht, auch dann, wenn wie heuer dessen Grenzen wie nie zuvor erweitert wurden in Richtung anderer Genres und der Bluesbegriff ziemlich weit gefasst war.

Layla Zoe reduziert die alte Musikform aufs Wesentliche. Eine Stimme und die einfühlsame Gitarre ihres Begleiters Jan Laacks - mehr braucht es dazu nicht. Und obwohl keine komplette Band auf der Bühne steht, verlieren die Songs von Willie Dixon, B. B. King und Robert Johnson, die sie neben etlichen Eigenkompositionen im Programm hat, nie an Kraft und Eindringlichkeit. Nein, vermutlich tritt das, was diese Musik ausmacht, treten all die ihr innewohnenden Emotionen und Seelenzustände nur umso deutlicher hervor, je mehr die Songs sich ihrer Verpackung entledigen.

Man vergleicht Layla Zoe ja immer wieder mal mit der legendären Janis Joplin. Gerade bei George Gershwins "Summertime", der Nummer, die beide im Repertoire haben, bietet sich das ja auch an. Tut man dies jedoch, wird sehr schnell deutlich, dass Layla Zoe diesen Vergleich gar nicht nötig hat. Ihr mächtiges Organ hat bereits jetzt durchaus seinen eigenen Platz im Blues-business und mit "The Highway Of Tears", dem Song über die historisch nachgewiesene Ermordung Hunderter indigener Frauen auf Geheiß der kanadischen Regierung, setzt sie sich bereits in jungen Jahren ein Denkmal. "Wenn ich an die Ereignisse damals in British Columbia denke, schäme ich mich, Kanadierin zu sein", sagt sie, und dann setzt sie zu einer wütenden, herzzerreißenden Anklage an, zu einer musikalischen Abrechnung, bei der man wirklich den Atem anhält.

Sie geht damit weg von all den Einzelschicksalen, die in Bluessongs ja immer wieder besungen werden, und stellt stattdessen einen Gesamtzusammenhang her. Im Blues fand ja nicht nur die Diskriminierung der schwarzen Bevölkerung im Baumwollgürtel der USA ihren Ausdruck, nein, Blues war und ist generell ein Thema, wenn es um Unterdrückung geht. Genau das macht Layla Zoe mit diesem Song deutlich. Und nach diesem Beleg dafür, dass Blues durchaus politisch sein kann - weshalb ihn das bourgeoise Establishment jener Zeit ja auch nicht mochte und regelrecht bekämpfte - hört man sogar den Stones-Klassiker "Wild Horses" in der Zugabe mit ganz anderen Ohren.

"Lady Sings The Blues"? Ganz genau. Und nur wenige tun dies eindringlicher und engagierter als diese Layla Zoe. Sie hat ein wahrlich großes Herz für diese einzigartige Musik, für die man in Ingolstadt sogar regelmäßig ein längst weithin bekanntes Festival ausrichtet.

Karl Leitner