Pfaffenhofen
Monster, Licht und Pflanzendickicht

Der Neue Kunstverein Pfaffenhofen zeigt mit "¡Mira Barcelona!" eine ganz besondere Ausstellung

16.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:26 Uhr
Zwei Realitäten: Matilde Grau und ihre raffinierten Boxen. Eine Seite ist gemalt, die andere mit Miniatur-Porzellangefäßen bestückt. −Foto: Fehr

Pfaffenhofen (DK) Bis unter das Dach der weitläufigen Kunsthalle reichen die Werke.

Matilde Grau hat ihre feinen Porzellanarbeiten bis hoch hinauf platziert. Nur, wer den Blick schweifen lässt, entdeckt die Tassen und Tellerchen, vorbei an der beeindruckend gefüllten Wand mit den bunten Werken von Matías Kran Uribe, vorbei an den Installationen aus bunten Stofftieren von Nathalie Rey, eher Monster als harmlose Hingucker. Drei von acht Positionen, drei von acht Künstlern aus Barcelona, die seit dem Wochenende die Kunsthalle Pfaffenhofen bespielen.

Der Neue Kunstverein der Stadt an der Ilm hat diese außergewöhnliche und sehenswerte Ausstellung, "¡Mira Barcelona! " ("Schau Barcelona! "), von Norbert Käs, Künstler und Kulturförderpreisträger der Stadt, der selbst einmal in der katalanischen Metropole gelebt hat, kuratieren lassen. "Das ist das, was in Barcelona gerade aktuell an Kunst passiert, ein fragmentarischer Einblick", sagte Käs bei der Eröffnung vor zahlreichen Gästen. Der Vorsitzende des Kunstvereins, Steffen Kopetzky, der von der Schau "überwältigt" ist, will damit auch die inzwischen vermeintliche Schere zwischen Provinz und Metropole aufheben, die kulturelle Partnerschaft suchen und zum zehnjährigen Bestehen der Kunsthalle, die die Stadt inzwischen gekauft hat und die ein wichtiger Ort mit Strahlkraft für viele Ausstellungen und Veranstaltungen ist, ein bedeutendes Zeichen setzen. Das ist dem Neuen Kunstverein mit dieser Gruppenausstellung, die internationale Kunst in die Stadt holt, gelungen.

Dabei sind die Künstler keinesfalls alle aus Spanien. Sabine Finkenauer etwa stammt aus Rockenhausen in Rheinland-Pfalz, lebt aber, wie all die anderen schon lange und vor allem gerne in Barcelona. Ihre Arbeiten sind feine, geometrisch minimalistische Kompositionen. In gedeckten und erdigen Farben arbeitet der gebürtige Barceloner Carles Gabarró im feinen Spiel zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit mit surrealen Momenten. Motive sind ihm bei der Pfaffenhofener Schau Fabriken, Bibliotheken, Schlachthöfe, aber auch überdimensionierte Stillleben.

Matilde Grau experimentiert bei ihren Gefäßen mit unterschiedlichen Glasuren und Brenntemperaturen ebenso wie mit Form, Maßstab und Position der Werke. Und sie spielt in ihren feinen Arbeiten mit den Erwartungen und Realitäten des Betrachters. Nichts ist, wie es auf den ersten Blick scheint.

Nicole Gagnum, Engländerin mit amerikanisch-norwegischer Staatsbürgerschaft kreiert üppige, dschungelartige Welten, die sie raffiniert mit geometrischen Formen bricht. Tomás Morell Brenner greift in seinen knalligen und gegenständlichen Werken in die Vollen, zitiert die Größen der Kunstgeschichte, etwa Manet, de Chirico oder Picasso - und kombiniert Motive und unterschiedliche Stile, will damit auch die Polaritäten zwischen Mann und Frau und zwischen Nord und Süd thematisieren.

Ein Künstler des Lichts ist Wilfried Prager. Die Ölgemälde des gebürtigen Franzosen haben eine ungeheure Strahl- und Leuchtkraft. Nathalie Reys so harmlos daherkommenden Installationen aus Stofftieren haben es in sich. Nicht nur, dass die Tiere und Figuren keine Augen oder Nasen mehr haben und von der gebürtigen Französin ausgenommen werden. Sie stehen für Ängste, für Katastrophen, für den schmalen Grat zwischen Normalität und Abgrund. Und Matías Kran Uribe füllt seine energetischen Gemälde mit bunten Symbolen, Pflanzen, Gestalten und Sonnen.

Eine gute Ergänzung ist der kurze Film von Constantin Lucas, Sohn von Norbert Käs, der die Kreativen in ihren beeindruckenden und so unterschiedlichen Wirkungsstätten zeigt. Prägnante Porträts, die dem Besucher Einblicke in die Lebens- und Arbeitswelt der Künstlerinnen und Künstler bieten. Da lockt nicht nur die Fahrt nach Pfaffenhofen, sondern auch ein Besuch in den Ateliers in Barcelona.

Kunsthalle am Ambergerweg 2, bis 28. Juli. Do bis So von 15 bis 18 Uhr.

Katrin Fehr