Ingolstadt
Weichen für die Zukunft gestellt

Rückblick auf das 29. Ingolstädter Bluesfest - Stilistische Öffnung gelungen

01.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:17 Uhr
Ein Highlight: Sue Foley. −Foto: Fotos: Leitner

Ingolstadt (DK) Bereits im vergangenen Jahr hatten Walter Haber und Johannes Langer, die beiden Verantwortlichen hinter dem Ingolstädter Bluesfest, versucht, das bundesweit umfangreichste Festival seiner Art stilistisch zu öffnen.

Statt Künstlern, die ausschließlich dem klassischen Blues verpflichtet sind, traten bereits 2017 vermehrt solche aus benachbarten Genres auf.

Nach der durchwegs positiven Resonanz von Seiten des Publikums entwickelten die beiden nun für 2018 aus dem letztjährigen Versuchsballon ein tragfähiges Konzept unter dem Titel "Blues & More", wobei das "More" heuer so wichtig war wie noch nie zuvor. "Nun ja, ein paar vereinzelte Verfechter der reinen Blueslehre haben deswegen dem Festival den Rücken gekehrt", sagt Walter Haber, "dafür aber konnten wir viele neue Gäste begrüßen und ganz generell für Livemusik begeistern. " Johannes Langer ergänzt: "Was die Besucherzahlen anbetrifft, gibt's natürlich immer Luft nach oben, aber wir können mit dem Kartenverkauf durchaus zufrieden sein. "

Die stilistische Öffnung ist also vollzogen, und das ohne größere Reibereien. Damit wurden auch Weichen gestellt für die Zukunft des Festivals, das es in Ingolstadt nie leicht hatte und immer wieder mal vor dem Aus stand, denn es ergeben sich aus dem erweiterten Konzept völlig neue Aspekte hinsichtlich der Verpflichtung der Musiker und Bands und damit der Programmgestaltung.

Unabhängig davon, dass es immer weniger Künstler gibt, die reinen Blues spielen, haben sich die Voraussetzungen für ein Festival wie das Bluesfest, das sehr auf internationale Künstler setzt, in den letzten Jahren grundlegend geändert. "Es ist schier unglaublich, mit welch bürokratischem Wahnsinn man es zu tun bekommt, wenn man heute jemanden aus dem Ausland und ganz besonders aus den USA oder aus Großbritannien verpflichten möchte" sagt Haber.

Seitdem sich die Amerikaner wirtschaftlich immer mehr abschotten und die Engländer mit dem Brexit beschäftigt sind, steigen die Kosten und der Aufwand unaufhörlich. Vor allem aus dem Lager des klassischen Blues kommen immer weniger Künstler über den Ärmelkanal oder den Atlantik. Und jemanden für einen einzigen Auftritt extra einzufliegen sei finanziell nicht machbar. Haber: "Ein Künstler, der in Ingolstadt auftritt, braucht Folgeauftritte in zumutbarer Entfernung. Sitzt eine Band nach dem Konzert tagelang ohne Engagement irgendwo in Deutschland fest, kommt sie erst gar nicht. " Das gilt vor allem für Bluesbands, die weniger die Masse, sondern ein ganz spezielles Publikum ansprechen, also seltener flächendeckend gebucht werden.

Dass der Headliner Albert Lee sowie in Ingolstadt bereits eingeführte Künstler wie Ryan McGarvey, Nick Woodland, Dilana, Wellbad oder Stephanie Nilles zu den Highlights des Festivals zählen würden, war vorauszusehen. Besonders auffällig war hingegen, dass ausgerechnet eine ganze Reihe von Bands, die vorher noch nie in der Stadt zu Gast waren, das Publikum dermaßen begeistern würden. Fragt man Langer und Haber nach ihren persönlichen Highlights, nennen beide übereinstimmend The Band Of Heathens und The Cordovas. "Die waren fantasisch", sagt Langer, "aber Jackie Venson würde ich auf jeden Fall noch nennen. " Für Haber gehören auch noch Sue Foley und Layla Zoe mit dazu, und - ganz wichtig - Soulsänger Ellis Hooks, der zusammen mit der exzellenten Chris Bergson Band zu Gast war. "Der singt, wie Otis Redding heute singen würde, wenn er noch lebte. "

"Vielleicht machen wir im nächsten Jahr ein paar Termine weniger", sagt Langer, spricht man ihn auf das Bluesfest 2019 an. "Heuer waren es 35, und damit waren wir sicherlich am Limit. " Haber will sich hinsichtlich des zu erwartenden Programms zum Jubiläumsjahr - 2019 findet das Bluesfest zum 30. Male statt - noch nicht in die Karten schauen lassen. Der Vermutung, dass man zum runden Geburtstag aber doch durchaus etwas Besonderes erwarten dürfe, widerspricht er freilich nicht.

Karl Leitner