Ingolstadt
Faszination Kurzfilm

21.05.2010 | Stand 03.12.2020, 4:00 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Zum Teil machten sie nachdenklich, brachten die Zuschauer aber auch zum Lachen, und manchmal warfen die Filme Fragen auf, blieben jedoch die Antworten schuldig. Eines war die lange Nacht der Kurzfilme jedoch immer: abwechslungsreich und faszinierend. Das Motto des Abschlussabends des vierten 20min/max-Festivals hieß Vielfalt, was nicht zu viel versprochen war.

Fragend lässt "La Autoridad" des spanischen Regisseurs Xavi Sala den Zuschauer zurück. In gut neun Minuten erzählt Sala die Geschichte einer Familie auf dem Weg in den Urlaub. In der sengenden Mittagshitze werden sie von der Polizei gestoppt und müssen ihr Auto ausräumen. Mit wenigen Worte, vielmehr mit der Mimik der Schauspieler zeigt der Streifen, wie sich die Anordnungen der Polizisten zur Schikane aufschaukeln. Was bleibt ist Fassungslosigkeit, die in Regungslosigkeit übergeht, als die Familie später das verunglückte Polizeiauto sieht. Hier werden Fragen aufgeworfen, die "La Autoridad" nicht beantwortet, was den Film auszeichnet, meinte die Jury, die das Roadmovie zum besten internationalen Film kürte.
 

Den Preis in der Kategorie "Bester Film national" erhielt "London liegt am Nordpol" des Trierers Achim Wendel. "Unsere Intention war, dass wir uns mit dem Thema Integration von Behinderten auseinandersetzen", erzählt der Regisseur die Vorgeschichte des Films, der sehr einfühlsam die Geschichte von Peter, einem geistig behinderten Jungen, erzählt. Peter flüchtet sich in die Fantasiewelt des Comic-Helden Peter Parker. Als er im Freibad auf Laura trifft, versucht er Anschluss zu finden. Zwar nicht mit dem erhofften Erfolg, trotzdem mit einem Gewinn für ihn selbst.

Auf ein Experiment mit der Realität lässt sich "Mira 83", der von der Jury mit einem der beiden Nachwuchspreise ausgezeichnet wurde, ein. Regisseur René Eckert sucht einen fremden Menschen, der auf eine Geschichte, die ihm eine Frau erzählt hat, ähnlich wie er selbst reagiert. Das Ergebnis ist ein ständiger Wechsel zwischen Wahrheit und Fiktion, der soweit geht, dass der Zuschauer am Ende nicht mehr weiß, was er glauben soll.

Den Animationsfilm "Laufende Geschäfte" schickte Regisseur Falk Schuster aus Halle ins Rennen. Er erzählt – nur mit Geräuschen, seine Puppen bleiben stumm – die Geschichte zweier Menschen, die von "Zeit" und "Konsum" gänzlich unterschiedliche Auffassungen haben. Falk Schusters Geschäfte jedenfalls laufen gut: Die Jury zeichnete seinen Film mit dem zweiten Nachwuchspreis aus.

Sieben Frauen mit Migrationshintergrund geben in "Zwischen Welten" einen Eindruck ihres Lebens zwischen zwei Kulturen. Regisseurin Dorothea Carl bedient sich bei ihrer Dokumentation eines weißen Hintergrunds, der nicht von den Erfahrungen der Frauen ablenkt. Die Jury zeichnete "Zwischen Welten" als besten Dokumentarfilm aus.

Eine genaue Klassifizierung für "Emozioniere" der beiden Schweizer Regisseure Simon Baumann und Andreas Pfiffer gibt es nicht. Satire ist für den Sonderpreisträger wohl die beste Beschreibung. Eine Satire auf die Emotionen im Dokumentarfilm, die immer wieder für Preise sorgen. Genau diese Emotionen fordern die Regisseure überspitzt von ihren Darstellern. Mir geht es gut, ist in diesem Streifen die falsche Antwort. Beim Publikum löste der Film Lachstürme und lauten Applaus aus.