Im Fadenkreuz

Der Sonntagskrimi: Stuttgarter "Tatort" wird von einer Erpresserjagd zu einem Rachedrama

22.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:18 Uhr
Das erste Opfer im Heckenschützen-Visier: Als die Journalistin Elisabeth Vogel nach Hause kommt, wird sie aus großer Entfernung hinterrücks erschossen. −Foto: Benoit Linder/SWR

Stuttgart - Der neue "Tatort" ist ein Hybrid-Krimi.

 

In der ersten Hälfte fesselt er mit der Jagd auf einen Heckenschützen und vermeintlichen Erpresser. Dessen Identität wird dem Zuschauer nach knapp 40 Minuten offenbart, womit der Film eine unerwartete Wende nimmt. Er verliert zwar erheblich an Tempo, aber nicht an Niveau, und mutiert zum intensiven Liebes- und Rachedrama.
"Du allein" ist ein durchaus würdiges Jubiläum - der 25. Fall - für die Stuttgarter Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare), die in aller Regel für gehobene Qualität stehen. Nach einem üblen, nur schwer verzeihlichen Ausrutscher ins Reich des Okkultismus vor ein paar Monaten sind sie wieder zurück in der Spur. Was nicht zuletzt dem wendungsreichen Drehbuch von Autor Wolfgang Stauch zu verdanken ist.

Viel anfangen können Lannert und Bootz zunächst nicht mit dem Brief, der an "Die Ermittler im heutigen Mordfall" gerichtet ist - zumal sie gar nichts von einem Mord wissen. Auf dem Zettel steht nur eine Zahl: 1. Die Aufklärung folgt alsbald. Eine Journalistin wird vor ihrer Haustür erschossen. Der Täter lauerte weit entfernt auf einem Hochhaus-Dach, dort finden die Spurensicherer eine Patronenhülse mit der eingravierten "1". Offenbar macht ein maliziöser Scharfschütze Stuttgart unsicher.
Und der Verbrecher will Kohle sehen. Der nächste Brief enthält eine monetäre Forderung: Drei Millionen Euro, sonst gibt's den nächsten Mord. Bei der Geldübergabe macht sich Bootz öffentlich zum Affen; er muss sich in einer vollen U-Bahn-Station bis auf die Unterwäsche ausziehen und eine vom Erpresser bereitgelegte, Peilsender-freie Latzhose anlegen. Das Geld wirft er später auf Kommando aus dem fahrenden Zug, aber der Täter holt die Beute nicht ab. Stattdessen serviert er den Ermittlern Leiche Nummer 2, einen Jogger, erschossen mit der passend nummerierten Kugel.
Spuren von rotem Nagellack am Tatort führen unzweideutig zur Erkenntnis: Der Killer ist eine Killerin. Dass sie ein ganz anderes Motiv als schnöden Mammon hat, kriegen Lannert und Bootz recht flott raus, doch gelöst ist der Fall damit längst nicht. Schließlich stehen noch andere Menschen, die vor Jahren Schuld auf sich geladen haben, auf der Todesliste.

Eines der potenziellen Opfer spielt der stets formidable Karl Markovics. Der Österreicher sticht aus dem guten Ensemble heraus und gibt in seiner Nebenrolle eine prima Figur ab. Selbiges ist 25 Fälle lang auch seiner Berufskollegin Caroline Vera gelungen. Als Staatsanwältin Emilia Alvarez ist sie nun zum letzten Mal im Stuttgarter "Tatort" zu sehen. Nicht nur aus optischen Gründen ein Verlust.

DK


Sonntag, 24. Mai, 20.15 Uhr, ARD.