Haifisch gegen Bauernopfer

Im Stuttgarter "Tatort" sinnt ein Verstoßener der Autobranche auf Rache

30.10.2020 | Stand 23.09.2023, 15:08 Uhr
Will sein früheres Leben zurückhaben: Barnaby Metschurat (M.) als Oliver Manlik. Er versucht, die Kommissare Lannert (Richy Müller, l.) und Bootz (Felix Klare) dafür zu instrumentalisieren. −Foto: Benoît Linder, SWR

Stuttgart - Eine Firma aus der Automobilbranche hat gemauschelt, das bringt ihr eine Menge Ärger in den USA ein.

Um die zornigen Amis zu besänftigen, wird ein Mitarbeiter der unteren Management-Ebene als Bauernopfer auserkoren. Das Themenfeld kommt Ihnen irgendwie bekannt vor? Etwaige Parallelen mit Fällen aus der jüngeren deutschen Wirtschaftsgeschichte sind natürlich rein zufälliger Natur im neuen "Tatort" aus Stuttgart mit dem Titel: "Der Welten Lohn".
Die Personalchefin des schwäbischen Zulieferunternehmens liegt tot im Wald - ein Fall für Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare). Als die Kommissare erstmals beim aalglatten und hyperarroganten Firmenchef Joachim Bässler (Stephan Schad) vorstellig werden, verschweigt der ihnen wohlweislich seine Begegnung mit dem früheren Mitarbeiter Oliver Manlik (Barnaby Metschurat) - dem eingangs erwähnten Bauernopfer.
Über drei Jahre lang saß Manlik wegen Korruption in einem US-Gefängnis, nun ist er zurück in Stuttgart. Frau und Sohn haben mit ihm nix mehr am Hut, da will er wenigstens von seiner alten Firma, für die er in den Knast gewandert ist, eine satte Entschädigung. Doch der blasierte Boss denkt gar nicht daran, auch nur einen Cent von den geforderten 8 485 851,91 (in Worten: knapp achteinhalb) Millionen Euro rauszurücken. Und so schaukelt sich der Konflikt flott hoch. Auf Bässlers Wagen wird ein Sprengstoffanschlag verübt. Das nur leicht lädierte Ekelpaket wiederum lässt seinen kampferprobten Sicherheitschef von der Leine und auf Manlik los.
Gelungener Kniff von Regisseur Gerd Schneider: Die ermittelnden Kommissare dienen vorwiegend nur als Staffage für das grimmige Duell im Haifischbecken der Wirtschaftskriminellen. Die Stars sind die beiden Gegenspieler Schad und Metschurat. Letzterer wurde mal als eines der heißesten deutschen Schauspieltalente gehandelt. Zur Riesenkarriere hat's für den heute 46-Jährigen zwar nicht gereicht, doch dass er als Mime einiges drauf hat, beweist er in der Rolle als verzweifelter, von Rachegelüsten getriebener Systemverlierer. Stephan Schad erfüllt seinen Job als Prototyp des skrupellosen, eiskalten Menschenverächters nicht weniger formidabel.

Die Figuren mögen eine Spur überzeichnet, das Bashing der ewig manipulierenden Autoindustrie allzu plakativ auf die Spitze getrieben sein - doch das ist Meckern auf hohem Niveau. Der guten, spannenden Krimi-Unterhaltung tut dies keinen Abbruch. Die Produzenten aus dem Schwabenländle haben mal wieder ein sehr respektables Oeuvre abgeliefert.

DK

Der "Tatort: Der Welten Lohn" läuft am Sonntag , 20.15 Uhr, in der ARD.

Roland Holzapfel