Konzert
Großes Kino

Die Dominic-Miller-Band begeistert im Audi-Forum mit stilistischer Vielfalt

21.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:48 Uhr
Dominic Miller spielte lange in der Band von Sting. Am Donnerstagabend war er mit seiner eigenen Formation in Ingolstadt. −Foto: Leitner

Ingolstadt - Sein Arbeitgeber Gordon Matthew Thomas Sumner alias Sting bescheinigt ihm, er sei nicht nur seine rechte Hand, sondern die rechte und linke gleichzeitig. Er selbst sagt über sich, er wolle mit seiner Musik Bilder malen. Die Rede ist von Dominic Miller, dem Ausnahmegitarristen mit dem unendlich weiten stilistischen Horizont, den man auch auf vielen Aufnahmen von Phil Collins, Tina Turner und Nigel Kennedy hören kann, dem Hauptverantwortlichen für den weltberühmten, typischen Sting-Sound.

Mit seiner eigenen Band (Mike Lindup am Piano und an den Keyboards, Santiago Arias am Bandoneon, Nicolas Fiszman am E-Bass und Rhani Krija an der Perkussion) tobt er sich - von den Gesetzmäßigkeiten und Einschränkungen des Pop befreit - so richtig aus, schlägt in einem Fort Brücken zwischen Jazz, Pop und Weltmusik, zwischen ethnischen Klängen und kammermusikalischen Einschüben, zwischen pumpenden Grooves und fragilen Spielereien, zwischen einer Band, die mit Volldampf auf die Eins losgeht, und wunderschön gesetzten Pausen, die das Konstrukt auf-, aber nie einreißen. Es dürfte wohl niemand geben im ausverkauften Audi-Forum, der angesichts dieser atemberaubenden, komplexen und dennoch stets zugänglichen, mit traumwandlerischer Sicherheit vorgetragenen Musik nicht hingerissen wäre. In der Tat, mit fortlaufender Dauer wird immer deutlicher, was Sting mit seiner eingangs zitierten Äußerung meint.

Doch dann kommt es zum Bruch. Leider ändert die Band Mitte des zweiten Sets nämlich komplett ihre Richtung und fängt an zu covern. Auch mit der Bearbeitung von Fremdtiteln ist Miller ja bereits weltweit in Erscheinung getreten und um Stings "Fragile" kommt er natürlich auch dann nicht herum, wenn er mit eigener Band unterwegs ist. Diese Nummer und auch der Beatles-Klassiker "A Day In The Life" passen ja auch noch recht gut ins Gesamtkonzept, nicht aber "Heart Of Gold". Wer diese Nummer nachspielt, muss scheitern, sogar ein Dominic Miller im Verein mit Mike Lindup als Sänger, denn Neil Young ist nun mal eine Welt für sich. Was Miller schließlich dazu bewogen hat, eine Belanglosigkeit wie "Stayin' Alive" von den Bee Gees ins Programm zu nehmen, bleibt rätselhaft. Diese Nummer war schon bei ihrer Erstveröffentlichung grauenhaft und ist auch von einem Könner wie ihm nicht zu retten. Wollte er den Unsinnigen Donnerstag würdig begehen? Oder kommt ihm von Zeit zu Zeit ganz einfach seine Pop-Affinität, die ihm natürlich zugestanden sei, allzu sehr in die Quere? - Man weiß es nicht, man wundert sich nur.

Nimmt man freilich die letzten 15 Minuten aus der Wertung, war das Konzert der DominicMiller-Band eine wirklich tolle Sache, eine Werbung für stilistische Offenheit, eine Demonstration von Musikalität auf höchstem Niveau. Das belegt auch der geradezu euphorische Schlussapplaus, den Miller für den Abend ganz zurecht bekommt und dem man sich gerne anschließen möchte. Ausgenommen die letzte Viertelstunde.

DK



Karl Leitner