Tatort
Gegen das organisierte Verbrechen

Doppeltes Spiel im Hamburger "Tatort": Die Bundespolizisten Falke und Grosz gehen diesmal illegalen Waffendeals auf den Grund

16.04.2021 | Stand 23.09.2023, 18:02 Uhr
Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) versucht im neuen "Tatort", der Russenmafia das Handwerk zu legen. −Foto: Meyerbroeker/NDR

Hamburg - Die bösen Russen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.

Früher konnte man sich darauf verlassen, dass Ostblock-Ganoven in Fernsehkrimis als grimmig dreinblickende, sinistre, oftmals kahlrasierte Quadratschädel dargestellt werden. Adieu, Klischee: In "Macht der Familie", dem neuen Hamburger "Tatort", sind die Verbrecher distinguierte Herren mit besten Manieren, die Klavier spielen und Tolstoi zitieren.
Das Geschäftsmodell dieser Schöngeister, die über Leichen gehen, besteht nicht aus aktivem Mord und Totschlag oder Zuhälterei. Sie verkaufen die Werkzeuge, um Menschen zu töten. Als Waffenhändler macht sich die Familie Timofejew nur in moralischer Hinsicht die Hände schmutzig. Schwer ist es, an sie ranzukommen. Doch nun steht die Bundespolizei dicht davor.
Sie hat einen verdeckten Ermittler eingeschleust, der bei einem fingierten Deal die feine Bande auffliegen lassen soll. Die frisch beförderte Julia Grosz (Franziska Weisz) leitet erstmals als Hauptkommissarin einen Einsatz in der Kommandozentrale, der erfahrene Kollege Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) hält sich brav im Hintergrund. Doch die Aktion geht gründlich schief. Der Privatjet, in dem der Undercover-Mann gemeinsam mit dem Neffen des Waffen-Patriarchen (Wladimir Tarasjanz) sitzt, explodiert. Hat der alte Herr tatsächlich ein Familienmitglied geopfert, um die Polizei loszuwerden?
Letzter Trumpf von Falke und Grosz, die sich diesmal nicht immer ganz grün sind, ist die Schwester des toten kriminellen Jungunternehmers. Sie hat sich von der Familie losgesagt und eine Karriere auf der anderen Seite des Gesetzes eingeschlagen - beim LKA. Falke war mal ihr Ausbilder. Und so lässt sich Marija (Tatiana Nekrasov) auf ein doppeltes Spiel ein. Sie versucht, ihrem Onkel wieder näherzukommen und ihn zu überführen. Das von Regie-Routinier Niki Stein inszenierte Katz-und-Maus-Spiel ist leider schwer überladen. Er versucht, am ganz großen Krimi-Rad zu drehen - mit internationalen Gangstern, Heckenschützen, Explosion, finaler Treibjagd. Doch all das produziert nicht den wohl erhofften Hauch von Hollywood, sondern allenfalls viel heiße Luft. In seine ohnehin schon komplizierte Story baut Stein unzählige Rückblenden ein, mixt die Zeitebenen bunt durcheinander und zaubert schließlich noch den großen Unbekannten als Oberschurken aus dem Hut. Das ist für die Wahrnehmungsfähigkeit des Rezipienten wahrlich eine Herausforderung. Auch Zuschauer, die sich vor und während des Films vom Alkohol ferngehalten haben, könnten sich fühlen, als hätten sie ein paar Stamperl Wodka intus.

DK

Tatort "Macht der Familie" am Sonntag um 20.15 Uhr in der ARD.

Roland Holzapfel