Ingolstadt
Das Leben ist ein Fußballspiel

Im Kulturzentrum neun stand Andreas Hofmeirs "Wer dablost's?" diesmal ganz im Zeichen der WM in Russland

11.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:30 Uhr
  −Foto: Fotos: Weinretter

Ingolstadt (DK) Eine alte Fußballweisheit besagt: "Entscheidend is' aufm Platz." Beziehungsweise in der Halle. Und da gab es bei "Wer dablost's?" in der nicht ganz ausverkauften Neun am Hauptbahnhof selbst nach Nachspielzeit und Zweimeterschießen keinen klaren Sieger.

Um beim Jargon zu bleiben: Trotz einigen Ballgeschiebes, vor allem gegen Ende der ersten Hälfte, war es für die Zuschauer an den mit Fähnchen und Rasenmusterpapiertischdecken WM-mäßig geschmückten Bierzeltgarnituren aber eine muntere, abwechslungsreiche Partie. Sonderapplaus gab es für Sportfreunde-Stiller-Sänger Peter Brugger, der in der zweiten Halbzeit eingewechselt wurde und zum ersten Mal seit zehn Monaten wieder auf einer Bühne stand.

Schon das Vorprogramm hat es in sich. Ein FC-Bayern-Ultra mit vor sich aufgebauter Pyrobatterie erklärt leicht alkoholgeschwängert, was er am Fußball mag ("Putin, Orban, Hoeneß - die reißen was!") und dass er dem Gastgeber des heutigen Abends, Andreas Hofmeir, eher skeptisch gegenübersteht: "Der war damals, bei der B-Jugend beim FC Geisenfeld, nicht mal linker Ersatzpfosten." Was Hofmeir später mehr oder weniger bestätigt: "In meiner siebenjährigen Karriere beim FC Geisenfeld wurde ich einmal eingewechselt. Da lagen wir schon 0:7 hinten. Da hat der Trainer gesagt, ist auch schon wurscht."

Ahnung vom Fußball hat Hofmeir (der natürlich selbst den Ultra spielte) trotzdem. Und er weiß, wie das Zusammenspiel mit der Politik funktioniert, was er als Fifa-Funktionär mit Schweizer Dialekt und ausgeprägtem Hang zur "Fairness" beweist. Dann überlässt er die Bühne seinem Freund Matthias Frohn, der erst als Gerhard Schröder das WM-Gastgeberland Russland mit seinem "Friedensfürsten Putin", kurz "Wladi", lobt und im Anschluss mit feierlichem Ernst als Placido Domingo Fankurvenklassiker wie "Ruhrpottkanaken, wir singen Ruhrpottkanaken" interpretiert.
Dann ist Anpfiff. Sofort übernimmt Andreas Rebers das Kommando auf der Bühne. Der Kabarettist kennt keine Gnade und grätscht thematisch alles ab, was nicht bei drei hinter der Torauslinie steht. Er ist ein Wutbürger, so wie früher Ekel Alfred, allerdings auf der linken Flanke. Ständig steht er am Rande eines Platzverweises, aber es geht noch mal gut. Als ihn Hofmeir in Manndeckung nimmt, verflacht die Partie allerdings zusehends. Das kann selbst der erste Auftritt von Rosalinde, der Monstertuba, an der sich Hofmeirs Gäste beweisen müssen, nicht mehr rausreißen. Rebers, der mit Werder Bremen sympathisiert, darf darauf "Was ist grün und stinkt nach Fisch?" spielen, was sehr nach Fankurve klingt.

Die Einwechslungen nach der Halbzeitpause bringen neuen Schwung in die Partie: Zuerst Rundfunkmoderator Achim Bogdahn mit der Rückennummer "Sechzig", der mit glänzenden Augen von der abgelaufenen Saison seiner Münchner Löwen mit dem Höhepunkt des Auswärtsspiels in Pipinsried erzählt und auch ein selbst geschriebenes Lied präsentiert: Es handelt von Kultstürmer Benny Lauth im Speziellen, vom TSV 1860 München im Allgemeinen und beinhaltet den schönen Satz: "Das Licht am Ende des Tunnels ist bei uns meistens ein Zug." Solcher Fatalismus ist Peter Brugger fremd. Der Sänger der Sportfreunde Stiller, kurz Sportis, ist schließlich Fan des ruhmreichen FC Bayern - weil ihm damals, als er sich sein erstes Fußballtrikot kaufen durfte, die Farbe rot so gut gefiel, wie er erzählt. Da er erst gegen Ende dazustößt, kann er der Partie in der Neun keine entscheidende Wendung mehr geben. Aber er singt, mit dem grandiosen Schutter Neun Jazzorchester im Rücken, die Sportis-Songs "Unser Freund ist aus Leder" und "Ich Roque". Trotz zehnmonatiger Pause auf den Punkt fit - Respekt!

Die Sache mit Rosalinde (der sich Bogdahn entzieht, weil er ein Kinderklavier mitgebracht hat, dem er seltsame Töne entlockt) ist dann für Brugger weniger überzeugend: Den Sportis-Hit "Ein Kompliment" spielt im Wesentlichen Andreas Hofmeir auf seiner - im Gegensatz zu Rosalinde wie neu glänzenden - Tuba, während Brugger trotz genauer Bedienungshinweise für das Instrument, in dem es offenbar auch nicht besser riecht als in einer Spielerumkleide nach dem Match, eher für eine Art freejazzige Grundierung sorgt.

Zum Schluss heißt es: "Das Runde muss ins Dreckige." Rebers, Bogdahn, Brugger und Hofmeir versuchen, einen Fußball aus geschätzt zwei Meter Entfernung in die Tuba zu zirkeln, was dann bei insgesamt zwölf Versuchen auch dreieinhalb mal gelingt. Damit sammeln sie Spenden für einen guten Zweck.

Mit einem weiteren Sportis-Klassiker, dem aktualisierten "'54, '74, '90, '14, '18", feiert sich das Publikum schließlich selbst. Damit endet im Stadion Neun ein Abend, der unter anderem diese neue Fußballweisheit von Andreas Hofmeir erbracht hat: "Auch fürs Foulen muss man schnell sein."
 

Bernd Hofmann