München
Cro in München: Ein Konzert nur für echte Fans

18.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:59 Uhr

−Foto: Marcel Kusch (dpa)

München (DK) Der deutsche Erfolgsrapper Cro hat am Freitagabend ein Konzert im Rahmen seiner "stay tru."-Tour in der Münchner Olympiahalle gegeben. Obwohl sich das musikalische Erlebnis in Grenzen hielt, waren die Fans des Mannes mit der Pandamaske hellauf begeistert.

Cro, der mit bürgerlichem Namen Carlo Waibel heißt, wollte mit seinem 2017 erschienenen Album "tru" zu seinen Anfängen zurückkehren und einen Blick in sein Innenleben zulassen. Deswegen bezeichnete er es auch als sein bisher persönlichstes Album. Er stellte es nicht - wie sonst üblich - im Rahmen einer Tour durch Deutschlands Stadien vor, sondern, wie am Anfang seiner Karriere, in kleineren intimen Clubs. Diese Clubtour war innerhalb von 48 Stunden ausverkauft.

Nun kehrt der Rapper im November in die großen Konzerthallen zurück. Und hier liegt auch schon der Hund oder in diesem Fall vielmehr der Pandabär begraben. Denn die Musik von "tru" ist nicht wirklich für die großen Bühnen geeignet; vielmehr braucht sie gemütliche Atmosphäre und die Nähe zum Künstler. Nur so können tiefsinnige, ja teils melancholische Nummern wie "Baum" oder "Forrest Gump" ihre Wirkung entfalten. 

Die zumeist jugendlichen Anhänger Cros scheint das nicht besonders zu stören. Obwohl der Sänger die meiste Zeit eher gelangweilt auf einer gigantischen Pandamaske sitzt, steht oder liegt, sind sie hellauf begeistert und verfallen in hysterisches Kreischen, sobald es auch nur eine gerinfügige Annäherung zu bemerken oder einen halbwegs bekannten Sound zu hören gibt. Und da hat Cro doch tatsächlich einige mit im Gepäck. Von "Einmal Um Die Welt" und "Bad Chick" über "Traum" und "Bye Bye" bis hin zu "Hey Girl" und "Du" ist gefühlt alles, was der Rapper je zu einem Erfolgshit im Radio brachte, dabei. Allerdings verspürt er offenbar wenig Lust, die alten Hits in Gänze zu spielen. Stattdessen packt er einen Großteil der Lieder in eine Art Medley, sodass die kindliche Fan-Freude, die Lyrics mitsingen zu können, nur kurz währt. 

Umso länger dafür dauert der Besuch von Cros Rapper-Freunden. Beim Song "Meine Gang" kommt sein langjähriger Weggefährte Danju auf die Bühne und übernimmt das Ruder, während sich Cro zurückzieht. Während der Kumpel des Künstlers nun seinen eigenen Song "Um Den Block (Mittelfinger Für Die Cops)" zum Besten gibt und im Hintergrund das dazugehörige Video läuft, wundert man sich doch ein wenig, auf wessen Konzert man da eigentlich ist. Auch einem weiteren Rap-Freund aus München sowie seiner Background-Sängerin überlässt Cro die Bühne - denn die Gang kommt offenbar vor den Fans. 

Man hat das Gefühl, der Künstler möchte die Zeit zurückdrehen: Er will Songs nach dem eigenen Gefühl und nicht nach der Radiotauglichkeit verfassen. Er will sich mit Freunden die Bühne teilen, egal, wie viel Geld die Fans für die Tickets bezahlen mussten, um ihn zu sehen. Er will keine große Bühnenshow mit Unterhaltungsprogramm - es reicht doch, das Konzert mit einer Konfettikanone und dem Superhit "Easy" zu beenden, um die Fans zu begeistern.

Und das tut es tatsächlich. Nach dem Konzert strahlen die Gesichter der Fans vor Begeisterung. Es scheint fast so, als könnte Cro machen was er wollte, ein echter Fan ist immer zufrieden. Denn hier geht es schon längst nicht mehr um eine musikalische Leistung auf der Bühne. Hier geht es um ein kulturelles Phänomen, die fast mythische Figur des Pandarappers. Wer einmal in dessen Bann geraten ist, kann sich nicht mehr entziehen. Wer aber eine mitreißende Bühnenshow mit Songs, die die Olympiahalle zum Beben bringen, sehen möchte, muss sich vielleicht einen anderen Künstler suchen. 

 

Jessica Roch