"Alle Single-Ratgeber wegwerfen"

12.02.2010 | Stand 03.12.2020, 4:15 Uhr

All You Need Is Love: Anna Butterbrod spürte Mr. und Mrs. Right nach. - Foto: Klein-Allermann

München (DK) Früher dachte Anna Butterbrod, die große Liebe gäbe es nur in Hollywood. Bis sie ihren eigenen Mr. Right traf. Jetzt hat sie – rechtzeitig zum Valentinstag – ein Buch herausgebracht, das unter dem Titel "Love, Love, Love" 33 wahre Geschichten von der großen Liebe versammelt.

Das von Männern und Frauen erzählt, die auf unterschiedlichen Wegen zueinander fanden. "Wenn’s knallt, dann knallt’s", weiß sie seitdem. Unsere Redakteurin Anja Witzke hat mit der 32-jährigen Autorin gesprochen.

Wie kommt man darauf, ausgerechnet ein Buch über die Liebe zu schreiben?

Anna Butterbrod: Ich wollte ein Mut-mach-Buch schreiben. Schließlich wird einem heute oft suggeriert, dass es die große Liebe gar nicht mehr gibt. Ob "Sex And The City", "Lipstick Jungle" oder "Desperate House-wives": Serien wie diese leben doch davon, dass Beziehungen scheitern. Ich dagegen hörte im Freundeskreis ständig tolle – und vor allem reale – Liebesgeschichten.

Sie versammeln in "Love, Love, Love" 33 Liebesgeschichten. Wie haben Sie diese Paare überhaupt gefunden?

Butterbrod: Auf unterschiedliche Weise. Ich hatte zwar schon viele schöne Geschichten, aber es sollten ja genau 33 werden, weil es in die Serie des Verlags passen sollte. Da gibt es Bücher mit jeweils 33 Geschichten über den besten Sex, den schlechtesten Sex oder die krassesten Abstürze. Natürlich habe ich erst mal Verwandte und Freunde um Hilfe gebeten. Außerdem erzählte ich bei jeder Party von dem Projekt. Das funktionierte wie ein Schneeballsystem: Ich bekam sehr viele Mails von fremden Leuten. Parallel dazu kontaktierte ich Liebes-, Hochzeits- und Sado-Maso-Foren im Internet. Auch hier gab’s reichlich Rückmeldungen. Vermutlich könnte ich locker noch ein zweites Buch mit all den Geschichten füllen.

Von den 33 Geschichten sind 25 aus Frauensicht erzählt. Haben Männer Scheu, über Gefühle zu sprechen?

Butterbrod: Bei den meisten Gesprächen war es tatsächlich so, dass er sie reden ließ. Aber gerade von den Fällen, in denen die Männer erzählten, war ich positiv überrascht. Ich dachte ja zunächst, dass es schwierig sein würde, Männer zu finden, die bereit sind über ihre Liebe zu sprechen – und dann auch fähig sind, mehr als folgende drei Sätze zu sagen: "Naja, ich hab sie halt kennengelernt. Sah toll aus. Und jetzt sind wir zusammen." Aber die Männer aus meinem Buch haben sich dann als wahnsinnig gute Erzähler entpuppt, die das teilweise sogar besser machten als die Frauen. Weil sich Männer unheimlich viele Details merken. Manche wussten beispielsweise noch, welche Farbe der Mantel hatte, den die Frau beim ersten Date vor etlichen Jahren getragen hatte. Oder die Farbe ihres Lidschattens. Und: Sie waren auch überraschend romantisch.

Es kommen nicht nur hetero-sexuelle Paare zu Wort, auch Homo- und Transsexualität werden thematisiert. Ein Kapitel handelt von einer Frau und ihrer Liebe zu einem Objekt – sie liebt den Lautsprecher ihrer Hi-Fi-Anlage.

Butterbrod: Mein Ziel war, das ganze Spektrum abzudecken. Die große Liebe gibt es eben nicht nur zwischen Mann und Frau. Die kurioseste Geschichte war für mich tatsächlich die von Heike, die Macho L, die linke Box ihrer Sharp-Stereoanlage, liebt. Ich hatte zuvor einen Fernsehbeitrag über einen Mann gesehen, der sich in eine Lokomotive verliebt hat. Bei weiteren Recherchen stellte ich fest, dass es viele Menschen gibt, für die Objekte zu richtigen Lebenspartnern geworden sind. Also habe ich in einem Forum für "Objektophile" – so der Fachausdruck – einen Aufruf gestartet. Ich muss gestehen, dass ich große Hemmungen vor dem entsprechenden Gespräch hatte. Ich wusste einfach nicht, welche Fragen ich stellen sollte. "Wie war das erste Date", schien mir doch etwas unpassend. Aber letztendlich war es sehr spannend – und horizonterweiternd. Genau das wollte ich mit dem Buch erreichen. Ich hatte keine Lust auf 33 gleich rosarote Geschichten. Die große Liebe ist schließlich nicht immer einfach. Vor allem passt sie in keine Schublade.

Welchen Erkenntnisgewinn haben Sie selbst aus dem Buchprojekt gezogen? Wo lauern die größten Feinde einer Beziehung?

Butterbrod: Es gibt eine Geschichte über ein Paar, das sich schrecklich schnell verliebte, heiratete, sich nach einer großen Krise für ein halbes Jahr trennte – aber dann wieder zusammenfand. Ihr größter Fehler: Sie hatten irgendwann aufgehört, miteinander zu sprechen. Ein Hauptgrund für viele Beziehungsprobleme. Der zweite Punkt: Man darf nie aufhören, miteinander Zeit zu verbringen. Und da gibt es in meinem Buch die unterschiedlichsten Strategien: Ein Paar hat sich zum Salsa-Kurs angemeldet, ein anderes legt ab und zu ein handyfreies Wochenende ein. Es geht einfach darum, sich nicht vom Alltag verschlucken zu lassen.

Haben Sie denn Statistiken aufgestellt? Wann und wo hat man die besten Chancen, sich zu verlieben?

Butterbrod: Darauf gibt es leider keine einfache Antwort. Weil einen die Liebe überall treffen kann – an den verrücktesten Orten. Ein Paar hat sich kurz vor Mitternacht an einem Stromkasten in Hamburg kennengelernt. Ein anderes an einem Pool in Indien. Ein drittes über einen Baum, die sogenannte Bräutigamseiche, an die unzählige Liebesbriefe adressiert werden. Alles ist möglich.

Ihr Tipp für Singles?

Butterbrod: Alle Single-Ratgeber wegwerfen. Ich hatte früher selbst ganz viele davon. Aber man braucht sie nicht, um Mr. oder Mrs. Right zu fingen. Tipps wie "Bloß nicht ohne Make-up aus dem Haus" sind komplett überflüssig. In meinem Buch erzählt Annette ihre Geschichte eines Blind Dates. Just am Tag des Treffens hatte sie sich eine fiese Augentzündung zugezogen und stand vor der Wahl, sich dem Kandidaten mit geschwollenem Gesicht zu präsentieren oder kurzfristig abzusagen. Sie hatte Mut, traf sich mit ihm – und er stand vor ihr mit verkrusteten Wunden im Gesicht und Schmauchspuren an der Jeansjacke. Kurz zuvor war ihm eine Silvesterrakete ins Gesicht gerauscht. Beide sahen furchtbar aus. Aber es funkte, sie verliebten sich – und heute sind sie schon lange verheiratet. Ich glaube, die wahre Liebe findet jeden. Es ist nur eine Frage der Zeit.