Ingolstadt
Tolle Stimmen, zu wenig Stimmung

„The Voice of Germany“-Konzert in Ingolstadt bietet musikalisch viel – Der Funke springt aber nicht über

18.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:40 Uhr
Ein Duett der Finalisten −Foto: Woelke

Ingolstadt (DK) Eine Live-Band, zahlreiche Überraschungen und ein breites musikalisches Repertoire – die sechs Künstler von „The Voice of Germany“, die am Donnerstag beim Konzert-Ableger der Show in Ingolstadt auf der Bühne standen, gaben sich alle Mühe, die Zuschauer zu begeistern. Dass der Funke nicht immer übersprang, lag aber zum großen Teil nicht an den Sängern selbst.

Die Erwartungen der gut 1400 Zuschauer in der Saturn-Arena waren hoch, als Samuel Rösch, Gewinner der aktuellen Staffel, das Konzert  eröffnete. Schließlich sahen  die Besucher zuvor immer wieder  „Voice of Germany“-Werbeclips in Dauerschleife  auf  der Bühne – mit den   „schönsten  Songs“ und  den „besten Battles“ der aktuellen Staffel. Rösch trat   dann auf die völlig dunkle  Bühne, nur seine Stimme war zu hören – doch bei dieser Ruhe blieb es nicht lange. Ehe man sich versah, sangen alle vier Finalisten der  Staffel, außerdem zwei weitere Sänger, die die Fernsehzuschauer per Abstimmung („Wildcard“)  gewählt hatten. Begleitet wurden sie von  einer Live-Band  und zwei Backgroundsängern.

Immer wieder an diesem Abend drängten aber  die  Choreografien und  der Drang zu immer  mehr und lauterer  Performance was in den Hintergrund, um das es  eigentlich gehen sollte: die  Stimmen. Fast albern wirkten die Momente, die an ein  Musical erinnerten, als die Künstler immer wieder in neuen, farblich  abgestimmten Kostümen auf die Bühne kamen  – inklusive paillettenbesetzter  Hosen, schimmernder Sakkos und glitzernden Hemden.
Dabei hätte es so viel Potenzial gegeben, der Musik ihren  Raum zu geben. Denn wenn die Stimmen der Künstler solo oder  in Duetten   wirken konnten, kam auch sofort Stimmung auf: Zum Beispiel wenn sich Eros Atomus Isler, Viertplatzierter der aktuellen Staffel,  nur mit seiner akustischen Gitarre auf die Bühne setzte. Das Instrument legte er dabei auf den Schoß und begleitete sich selbst, indem er auf dem Korpus klopfte und die Seiten von oben zupfte. Das ging unter die Haut.
Dennoch, an Überraschungen mangelte es nicht an diesem Abend. Die Künstler gaben sich alle Mühe, keine Langeweile aufkommen zu lassen. So war die Begeisterung im Publikum groß, als Jessica Schaffler, die es im Finale der Fernsehshow auf den dritten Platz geschafft hatte, plötzlich gemeinsam mit Benjamin Dolic, dem Zweitplatzierten, Rücken an Rücken mitten im Publikum auf einem Podest stehend „Yesterday“ von den Beatles sang – ruhig und ohne viel Begleitung.

Querbeet  durch die Genres ging es in den knapp zwei Stunden Show. Manchmal auch zu quer, wenn in den letzten Takt der  gefühlvollen Ballade von Schaffler („I’m Only Human“)    die  Bässe der nächsten Pop-Nummer von Linda Alkhodor (Wildcard) platzen.
Mit  viel Freude an der Musik, einer wunderbar souligen Stimme und einer großen Prise Lässigkeit tanzte  James Smith Jr., der es über eine  Wildcard in die Show geschafft hatte, durch die Zuschauerreihen. Spätestens, als bei seinem mitreißenden Auftritt viele im Publikum mit den Füßen und den Köpfen nickten, fragte man sich, wieso dieses Konzert bestuhlt stattfand, hätte es doch genug Möglichkeiten gegeben, sich zur Musik zu bewegen. Der Grund dafür waren aber wahrscheinlich die zahlreichen sehr jungen Fans im Publikum, die in einer tanzenden Menge untergegangen wären.
Und auch wenn es Smith  mit seiner Show das erste Mal an diesem Abend schaffte, dass sich ein Großteil des Publikums von den Stühlen erhob  – kaum war das Lied  vorbei, sackte die Stimmung ab – und alle setzen sich  sehr schnell wieder hin.

Zuvor hatten die Nachwuchstalente am Nachmittag schon eine Autogramm-Stunde gegeben. Einen Bericht dazu finden Sie hier.
 

Sophie Schmidt