Google Street View: "Hier werden Persönlichkeitsrechte verletzt"

09.11.2009 | Stand 03.12.2020, 4:30 Uhr

Hilpoltstein (HK) Der Internetdienst "Google Street View" steht massiv in der Kritik. Derzeit fährt das Unternehmen mit einem Aufnahmewagen durch den Landkreis Roth, um die Straßenzüge und Häuser zu fotografieren. Diese sollen später weltweit im Internet abgerufen werden können. Landrat Herbert Eckstein (SPD) sieht darin die Persönlichkeitsrechte der Bürger verletzt.

Herr Eckstein, was stört Sie daran, dass sich Urlauber künftig schon von zu Hause aus ihr Hotel anschauen können?

Eckstein: Das klingt auf den ersten Blick sicher verlockend. Auf den zweiten Blick darf man aber nicht übersehen, dass damit Persönlichkeitsrechte der Bürger verletzt werden. Niemand kann mehr sicher sein, dass er nicht in einer Situation aufgenommen wird, die für ihn peinlich ist. Nehmen Sie nur das bekannte Beispiel der Frau aus Madrid, die in Schlabberhose und mit tiefem Dekolleté ihren Putzeimer ausgeleert hat und zum Gespött zehntausender Internetnutzer geworden ist. Es gibt ja inzwischen Internetseiten, auf denen gezielt solche Fotos gezeigt werden. Das greift tief in die informationelle Selbstbestimmung ein. Hier hat Google noch keine Idee, wie es gegen den Missbrauch seines eigenen Dienstes vorgehen kann.

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Und um auf die Urlaubsgäste zurückzukommen: Es gibt heute ja kaum mehr ein Hotel ohne eigene Homepage, auf der sogar Innenaufnahmen von Zimmern, dem Wellnessbereich und dem Speiseraum stehen. Dort gibt es dann meist deutlich mehr Informationen als bei Google Street View.

Sie als Landrat stehen permanent in der Öffentlichkeit. Warum stört Sie dies dennoch?

Eckstein: Auch Personen des öffentlichen Lebens haben ein Recht auf Privatsphäre. Mich sorgt aber am meisten der Bürger, der in Situationen abgelichtet wird, die ihm unangenehm sind. Denken Sie zum Beispiel daran, wenn jemand gerade aus einer Psychotherapie-Praxis oder dem Gerichtsgebäude herauskommt. Dann sind Spekulationen Tür und Tor geöffnet, obwohl derjenige vielleicht nur als Zeuge vernommen wurde. Das geht die Öffentlichkeit einfach nichts an.

Was müsste man Ihrer Ansicht nach machen?

Eckstein: Hier müsste Google zumindest ganz detailliert und deutlich ankündigen, an welchem Tag und um welche Uhrzeit es mit seinen Fahrzeugen durch welche Straße fährt. Und dann müsste man das Verfahren umdrehen, dass Häuser nur dann nicht unkenntlich gemacht werden müssen, wenn die Mieter und Haus- oder Wohnungseigentümer vorher zugestimmt haben. Ich weiß, dass dies für Google einen hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand bedeuten würde. Dem steht aber ein tiefer Eingriff in die Privatsphäre der Bürger gegenüber. Zudem verdient Google ja unheimlich viel Geld mit seinen Diensten. Wenn es schon diese neue Technik durchsetzen will, dann sollte sich Google auch an den Datenschutz halten.

Ein weiterer Kritikpunkt an "Google Street View", der häufig genannt wird, ist die Sicherheit. Sehen Sie hier eine Gefahr für die Bürger?

Eckstein: Diesen Punkt darf man sicher nicht unterschätzen. Einbrecher können ausspionieren, wie sie am einfachsten ins Haus gelangen. In Großstädten können auch Terroristen sich über die Umgebung informieren. Ich sehe hier schon eine gewisse Gefahr und kann Bürger daher nur dazu ermuntern, gegen Google Street View Widerspruch einzulegen.