Leser-Liebesgeschichten
Vorreiter von Tinder & Co: Liebe des Lebens aus dem AOL-Chatroom

15.03.2024 | Stand 18.03.2024, 10:49 Uhr

Online-Dating via AOL-Chat: Anke und Andreas Hauer sind seit 1999 ein glückliches Paar. Links ein Hochzeitbild, rechts die beiden heute.  − F.: privat

Partnersuche im Internet ist heute Gang und Gäbe. Vor 30 Jahren, als es noch kein Tinder, Badoo und Co. gab, war das anders. Damals nutzte man die Messengerdienste wie MSN, ICQ oder AOL, um mit Leuten in Kontakt zu kommen. Anke Hauer suchte eigentlich nur neue Freunde in der neuen Heimat - und fand die Liebe ihres Lebens.



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Wir schreiben das Jahr 1999. Die damals 21-jährige Anke ist gerade aus Berlin nach Regensburg gezogen, um dort an der Uniklinik eine Stelle als Krankenschwester anzunehmen. Der neue Job macht ihr viel Spaß, privat aber geht es ihr nicht so gut. „Ich fühlte mich sehr einsam in der neuen Stadt“, erinnert sie sich heute. Nach etwa einem halben Jahr soll sie eine neue Kollegin einarbeiten. Zu der fasst sie bald Vertrauen, man redet schließlich auch über Privates. Ihr erzählt sie von der Einsamkeit, die sie quält.

Neue Leute kennenlernen - im Internet?!?

Die neue Kollegin hat den ultimativen Tipp für Anke: „Geh doch ins Internet in den AOL-Chatroom, da lernst du neue Leute kennen.“ Internet? Am Computer? Für Anke bis dato ein Buch mit sieben Siegeln. Auch da wusste die Kollegin Rat: „Du kommst zu mir und ich zeig dir das.“ Und so verabredeten sich die beiden Krankenschwestern an einem freien Nachmittag, um Anke die Welt des Chats näher zu bringen.

1999 gab es noch keine sozialen Medien, wie wir sie heute kennen. Facebook zum Beispiel ging in Deutschland erst 2008 an den Start. Wer Ende der 1990er Jahre im Internet kommunizierte, machte dies entweder über das Mailpostfach, oder eben über einen der Messengerdienste. ICQ, MSN und AOL waren die meist genutzten. Im Prä-Smartphone-Zeitalter installierte man sich die entsprechenden Anwendungen an Computer. Dann hatte man am Rand des Bildschirms ein kleines Fenster, auf dem die Freundes- oder Buddyliste zu sehen war mit Kennzeichen, wer online war und wer nicht. Wenn man eine neue Nachricht erhielt, ertönte ein ganz bestimmtes Signal, bei ICQ war das eine Art quiekendes Oh-oooo. ICQ stand übrigens für „I seek You“ - Ich suche dich. Ab 1998 gehörten ICQ und AOL zusammen.

Männer wollten im Chat meistens nur „das Eine“

Anke macht also im Beisein ihrer Kollegin erste Erfahrungen im Chatten. Sie lernt auch ein paar Leute kennen, vor allem Männer. Aber ihr wird auch schnell klar: Die suchen alle nur „das Eine“. Nach gut zwei Stunden will Anke deshalb ihren Ausflug in den AOL-Chatroom beenden. „Wart noch, da kommt grad noch einer“, bremst sie die Kollegin. Und tatsächlich. Da kommt Andreas, 23 Jahre alt. Nach vorsichtigem „Hallo, wie geht` s?“ kommen die beiden schnell ins Plaudern. Sie verstehen sich auf Anhieb, und so machen sie gleich für den kommenden Samstag ein erstes Date aus.

Anke erinnert sich, als wäre es gestern gewesen. „Ich war schon sehr aufgeregt und konnte es kaum erwarten. Wir haben uns im Tagblatt in Regensburg getroffen. Er hat ein Bananensplit gegessen und ich einen Cappuccino getrunken. Es war Liebe auf dem ersten Blick!“

Seit 19. November 1999 sind die beiden offiziell ein Paar, gut zwei Jahre später macht Andreas Anke an Weihnachten einen Heiratsantrag. Am 16. Mai 2002 ist die Hochzeit. Mittlerweile leben die beiden mit zwei Katzen in einem eigenen Häuschen in Neutraubling bei Regensburg. Wenn man Anke nach dem heutigen Trend zum Online-Dating fragt, zuckt sie nur mit den Schultern. „Ich kenn mich da nicht aus, ich hab das seit damals nicht mehr gemacht.“

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