Für eine Laufzeit über das Jahresende hinaus und einen möglichen Reservebetrieb müsste das Atomkraftkraftwerk Isar 2 in Bayern zur Reparatur einer Leckage für etwa eine Woche stillgelegt werden.
„Das Energieunternehmen Preussen-Elektra hat das Bundesumweltministerium im Zuge der Fachgespräche über Vorbereitungen einer Bereitschaftsreserve in der vergangenen Woche über eine interne Ventilleckage im Atomkraftwerk Isar 2 informiert“, teilte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums (BMUV) am Montag in Berlin mit.
Eine Beeinträchtigung der Sicherheit bestehe nicht. Jedoch müsse der Meiler repariert werden, um über das Jahresende hinaus für einen Leistungsbetrieb zur Verfügung zu stehen. Das Ministerium kündigte an, aufgrund der neuen Sachlage zu prüfen, ob Isar 2 weiterhin bis Mitte April als Notreserve für die deutsche Energieproduktion genutzt werden könne. Die Reparatur sei nach Auskunft des Betreibers nicht notwendig, sollte das AKW wie durch den beschlossenen Atomausstieg zum Jahresende den Leistungsbetrieb beenden.
Umweltministerium stuft Fall als „sicherheitstechnisch unbedenklich“ ein
Ein Sprecher des bayerischen Umweltministeriums stufte den Fall als „sicherheitstechnisch unbedenklich“ ein. Er sei der Aufsichtsbehörde des Landes bekannt. „Es handelt sich um kein meldepflichtiges Ereignis.“ Sicherheit habe oberste Priorität. „Das Bayerische Umweltministerium bleibt daher bei der durch ein Gutachten des TÜV Süd bestätigten Haltung: Ein Weiterbetrieb des Kernkraftwerks Isar 2 wäre sicherheitstechnisch möglich. Für die Schaffung der rechtlichen Grundlagen wäre eine zügige Änderung des Atomgesetzes durch den Bund erforderlich.“
Seit Russland im Zuge seines Angriffskrieges gegen die Ukraine weniger Gas nach Deutschland liefert, wird über einen längeren Betrieb der drei verbliebenen Atomkraftwerke diskutiert. Pläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sehen vor, zwei Kraftwerke für den Fall von Engpässen noch bis Mitte April einsatzbereit zu halten: Isar 2 und Neckarwestheim in Baden-Württemberg. Nach dem unter der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beschlossenen Atomausstieg sollten eigentlich alle deutschen Atomkraftwerke zum Jahresende vom Netz gehen. Vertreter von FDP, CDU und der in Bayern regierenden CSU plädieren für einen Weiterbetrieb aller drei Kraftwerke.
Stillstand müsste laut Betreiber noch im Oktober erfolgen
Nach Angaben von Preussen-Elektra müsse der Stillstand von Isar 2 bereits im Oktober erfolgen, da die Brennelemente des Reaktorkerns im November eine zu geringe Reaktivität hätten, um die Anlage aus dem Stillstand heraus wieder hochzufahren, teilte das Bundesumweltministerium mit. Bisher habe der Betreiber immer ausgeführt, dass die Anlage bis zum Jahresende mit nahezu voller Leistung laufe.
Isar 2 war 1988 erbaut worden. Kritiker der Laufzeitverlängerung hatten immer wieder auf Risiken aufgrund des hohen Alters des Meilers verwiesen. Im Zuge des Atomausstiegs waren auch eigentlich alle zehn Jahre vorgeschriebene Sicherheitskontrollen ausgefallen.
Ministerien prüfen neue Sachlage
„Die neuen Angaben enthalten im Vergleich zu jenen, die der Betreiber mit Schreiben vom 25. August gegenüber dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gemacht hat und die in die Auswertung des Stresstests und seine Bewertung eingeflossen sind, einige wesentliche neue Fakten“, betonte der Ministeriumssprecher. Diese müssten nunmehr bei den Planungen für eine Verfügbarkeit des AKW zur Stromproduktion nach dem 31. Dezember 2022 berücksichtigt werden.
Das BMUV prüfe ebenso wie das Wirtschaftsministerium die neue Sachlage und ihre Auswirkungen für die Konzeption und Realisierung der Bereitschaftsreserve, sagte der Sprecher. Für das Umweltministerium stehe dabei im Vordergrund, dass die derzeit hohen Sicherheitsstandards der deutschen Atomkraftwerke auch weiterhin gewährleistet seien. „Ein besonderes Augenmerk liegt dabei darauf, die Einschätzung der Atomaufsicht des Landes Bayern und des Betreibers im Hinblick auf die Leckage des Ventils zu prüfen.“ Die Deutsche Umwelthilfe betonte, das bekanntgewordene Leck und die dadurch notwendige Reparatur zeigten, dass Isar 2 ein permanentes Sicherheitsrisiko darstelle.
Grüne kritisieren Informationspolitik
Für Britta Haßelmann, Co-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, stellen sich nun grundsätzliche Fragen. „Wir müssen leider feststellen, dass die Informationspolitik von Eon zu Isar 2 undurchsichtig ist“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Dass nun neue Informationen über ein Leck aufgetaucht seien, mache sie besorgt, zumal Eon seit Wochen behaupte, das Atomkraftwerk stehe jederzeit bereit, um über den 31. Dezember hinaus weiterzulaufen. Eon ist die Muttergesellschaft von Preussen-Elektra.
Der Fraktionschef der Grünen im bayerischen Landtag, Ludwig Hartmann, bezeichnete die Kommunikation des Betreibers Preussen-Elektra als irritierend. Die Aussage, die Reparatur müsse bereits im Oktober erfolgen, weil im November die Reaktivität nicht mehr ausreiche, um wieder anzufahren, stehe im Gegensatz zu früheren Aussagen, der Reaktor würde bis zum 31. Dezember volle Leistung fahren.
− dpa/red
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