Der Liebe Grenzen gesetzt
Botschaft verweigert kubanischer Ehefrau eines Ingolstädters Visum

02.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:39 Uhr

Ein Regenschirm vom Ingolstädter Klinikum: Das ist alles, was Raidelia von der Heimatstadt ihres Ehemannes Harry K. bisher gesehen hat. Ein Schengen-Visum für einen Besuch in der Schanz blieb der Kubanerin von der Deutschen Botschaft in Havanna trotz zweier Anträge versagt. Foto: privat

Sein Wunsch ist durchaus nachzuvollziehen: Harry K. (62) aus Ingolstadt hat fernab der Heimat geheiratet und möchte seine Frau nun der Familie vorstellen. Aber das ist mit einigen Hürden verbunden. Denn Raidelia (49), so heißt die Angetraute, wohnt auf Kuba, wo sich auch ihr Lebensmittelpunkt befindet.

Der Ingolstädter hält sich ebenfalls die meiste Zeit des Jahres dort auf. Der zweimalige Versuch, ein Visum für die 49-Jährige zu erhalten, um ihr Ingolstadt zu zeigen und sie mit seinen Kinder bekanntzumachen, schlug fehl. Die Deutsche Botschaft wies die Anträge zurück. „Meine eigene Ehefrau darf mich nicht besuchen“, kritisiert K.

„Irgendwie hat es damals gleich gefunkt bei uns“

Der 62-Jährige fühlt sich benachteiligt und ist „stocksauer“ ob dieser Willkür, wie er es empfindet. „Da koche ich!“ Um seine Geschichte zu verstehen, bedarf es einer Rückblende. Harry K. ist gelernter Heizungsbauer und Industriemechaniker, er hatte zuletzt bei Osram in Eichstätt gearbeitet und befindet sich mittlerweile im Ruhestand. Ein Freund hatte ihm schon länger von Kuba vorgeschwärmt, bis er im März 2019 beschloss, einen zweiwöchigen Urlaub dort zu verbringen. Der Bekannte hatte nicht zu viel versprochen, Harry K. war angetan von Land und Leuten. Schon bald nach seiner Ankunft lernte er seine Raidelia kennen. „Irgendwie hat es damals gleich gefunkt bei uns.“

Der heute 62-Jährige war 17 Tage nach seiner Heimkehr von dieser Reise erneut in den Flieger gestiegen, um in den Inselstaat in der Karibik zurückzukehren. Seither leben er und Raidelia nach eigenem Bekunden als Paar zusammen – inzwischen war Harry K. bereits siebenmal auf Kuba, am 18. Dezember 2020 hatte er Raidelia in Havanna geheiratet, wie eine Urkunde belegt. „Durch die Hochzeit kann ich mein Touristenvisum recht einfach verlängern und damit bis zu zwölf Monate bleiben“, sagt er. Sobald er zwei Jahre lang mit Raidelia verheiratet ist, kann der Ingolstädter ein dauerhaftes Bleiberecht auf Kuba beantragen – er habe da bereits vorgefühlt, sagt er. Mit den kubanischen Behörden gibt es damit nach seinen Angaben keine Probleme.

Auf deutscher Seite läuft es hingegen gar nicht glatt. Bereits im August 2019 hatte seine damalige Verlobte ein Schengen-Visum beantragt, um Harry in Ingolstadt besuchen zu können. „Ich wollte sie einfach mal meinem Sohn und meiner Tochter vorstellen und ihr zeigen, wo ich herkomme“, erzählt er. Doch die Deutsche Botschaft ließ Raidelia abblitzen, sie darf nicht in die EU einreisen. „Ihre Absicht, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, konnte nicht festgestellt werden“, lautete die knappe Begründung. Mit anderen Worten: Die Behörde unterstellte ihr, illegal in Deutschland bleiben zu wollen.

Als das Paar im September 2021 – mittlerweile verheiratet – einen weiteren Visumsantrag stellte, kam erneut eine Absage mit nahezu identischer Begründung. Die Botschaft hatte nach Papierlage eine „Rückreiseprognose“ erstellt und sie offenbar als zu gering eingeordnet, weil die 49-Jährige auf Kuba keinen Ehepartner, keinen minderjährigen Nachwuchs und zum Zeitpunkt der Antragstellung auch keine feste Arbeitsstelle hatte. Der Umstand, dass ihre Eltern und ihre erwachsenen Kinder dort leben, blieb unbeachtet.

„Haben uns noch nie etwas zuschulden kommen lassen“

„Es ist gut und schön, wenn Flüchtlinge und wer auch immer in Deutschland willkommen sind. Aber ich darf meine eigene Ehefrau nicht der Familie vorstellen, und sie kann nicht mal meine Heimatstadt sehen. Das macht mich echt zornig“, schimpft der Ingolstädter. „Wir haben uns noch nie etwas zuschulden kommen lassen, und ich gebe eine eidesstattliche Versicherung ab, dass Raidelia nach Kuba zurückkehren wird. Das Ganze ist sehr ungerecht.“ Einen Widerspruch gegen den Bescheid hat das Ehepaar in seiner großen Enttäuschung erst gar nicht versucht.

Und was sagt das Auswärtige Amt? Trotz Entbindung von der Schweigepflicht durch Harry K. wollte die Behörde sich gegenüber der Redaktion nicht zu dem konkreten Fall äußern. Allgemein gesprochen hieß es, die deutschen Auslandsvertretungen würden „nach sorgfältiger Prüfung aller Umstände“ entscheiden, wobei neben geltenden Vorschriften unter anderem Plausibilität und Nachvollziehbarkeit des Reisezwecks und „die Rückkehrwilligkeit des Antragstellenden“ eine Rolle spielten. Bei Ablehnung gebe es die Möglichkeit der Beschwerde, zudem sei jederzeit eine erneute Antragstellung möglich, lautete die Auskunft.

DK