Nach der Klage eines Missbrauchsbetroffenen gegen Benedikt XVI. und weitere kirchliche Würdenträger richtet die Garchinger Initiative «Sauerteig» nun einen eindringlichen Appell an den emeritierten Papst aus Bayern.
Die nach dem katholischen Missbrauchsskandal im oberbayerischen Garching an der Alz gegründete Initiative «Sauerteig» fordert den emeritierten Papst Benedikt XVI. zu einer Mitarbeit an der gerichtlichen Aufarbeitung der Fälle auf. «Sehr geehrter Papst em. Benedikt, bitte stellen Sie sich dem weltlichen Gericht», steht in einem Brief, den die Initiative nach Angaben ihrer Sprecherin Rosi Mittermeier am Samstag an den früheren Kardinal Joseph Ratzinger nach Rom geschickt hat. «Nach unserem Verständnis setzt Vergebung tatkräftige Reue voraus und mündet in konkretes Bemühen um Wiedergutmachung für die Betroffenen.»
Weiter heißt es in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt: «Ihre vorbehaltlose Mitwirkung bei einer gerichtlichen Klärung wäre ein bedeutender Schritt, der für alle Kirchenverantwortlichen als Vorbild gelten würde.»
Die Initiative unterstützt einen Mann, der nach eigenen Angaben von dem verurteilten Wiederholungstäter Priester H. missbraucht wurde. Er hatte im Sommer am Landgericht Traunstein eine Zivilklage, eine sogenannte Feststellungsklage, erhoben. Das Gericht hat inzwischen ein Vorverfahren eingeleitet und unter anderem den emeritierten Papst um eine Stellungnahme gebeten. Strafrechtlich hat das Ganze zwar keine Bedeutung mehr, aber es geht um die große Frage der Schuld.
Der Fall H. war der aufsehenerregendste im Gutachten über Missbrauchsfälle im Erzbistum München und Freising, das im Januar dieses Jahres veröffentlicht wurde. Der verurteilte Missbrauchstäter war mehrfach - und unter anderem nach Garching - versetzt und wiederholt rückfällig geworden.
Auch Papst Benedikt - der von 1977 bis 1982 Erzbischof von München und Freising war - geriet in der Sache in Bedrängnis. Ein Gutachten wies nach, dass er in einer Sitzung, in der es um den Priester ging, dabei war. Der Ex-Pontifex bestritt aber, von dessen Straftaten gewusst zu haben. In einem Brief bat er die Opfer sexuellen Missbrauchs um Entschuldigung. Konkrete Vertuschungsvorwürfe gegen sich wies er aber entschieden zurück.
Die Klage richtet sich nicht nur gegen Ratzinger, sondern auch gegen dessen Nachfolger im Amt des Erzbischofs von München und Freising, Kardinal Friedrich Wetter, gegen das Erzbistum allgemein und auch gegen Priester H. Nach Angaben der «Sauerteig»-Initiative, die auch die Kosten für die Klageeinreichung übernommen hat, läuft die Frist für eine Stellungnahme Ratzingers nächste Woche ab. «Mit unserem Brief bitten wir Sie heute eindringlich, an der gerichtlichen Aufarbeitung durch das Landgericht Traunstein konstruktiv mitzuwirken», heißt es in dem Schreiben. Auf eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur zu der geforderten Stellungnahme reagierte Ratzingers Privatsekretär Georg Gänswein im September nicht.
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