Vergangene Woche kam Tino Chrupalla während einer Wahlveranstaltung in Ingolstadt ins Krankenhaus. Die AfD sprach sofort von einem „tätlichen Vorfall“, Ermittler bestätigten das nicht. Nun äußert sich der AfD-Chef selbst und nennt sogar den Nervenkampfstoff Nowitschok.
AfD-Chef Tino Chrupalla geht davon aus, dass auf ihn am Rande der Wahlveranstaltung in Ingolstadt vor einer Woche ein Anschlag verübt wurde. „Insgesamt ist dieser Angriff auf mich als Anschlag zu werten“, sagte er am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Berlin. Chrupalla legte dabei den Auszug eines Berichts zu einer Gewebeprobe vor. Er habe sich am Freitag nach dem Vorfall im Städtischen Klinikum Dresden „den gesamten Einstich“ am Oberarm entfernen lassen und pathologisch untersuchen lassen.
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In dem vorgelegten Bericht ist die Rede von einem „mindestens“ vier Millimeter tiefen „Defekt“ und „entzündlichen Veränderungen“. Weiter heißt es: „Abschließend sind die vorliegenden histologischen Befunde vereinbar mit einem hier bis in die tiefe Dermis reichenden Einstich/Stichkanal (mindestens 4 mm).“
Der Bericht sei der Staatsanwaltschaft Ingolstadt erst kurz vor der Pressekonferenz übersandt worden, teilte die Behörde mit. Eine Bewertung könne „daher zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht erfolgen“. „Der Befund wird im Zusammenhang mit den bisherigen Ermittlungsergebnissen, insbesondere den Feststellungen des Klinikums Ingolstadt geprüft und in die Ermittlungen einbezogen werden.“
Blutfleck auf Hemd wird untersucht
Chrupalla sagte unter Berufung auf Aussagen der Personenschützer des Bundeskriminalamts (BKA), die ihn beim Termin in Ingolstadt begleitet hatten, es sei dort ein Blutfleck an seinem rechten Arm festgestellt worden. Hemd und Jacke seien von der Polizei eingezogen worden und würden untersucht.
Eine Überprüfung von Chrupallas Kleidung habe ergeben, dass es sich „um dessen eigenes Blut handelt“, teilte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch mit. „Diese Blutanhaftung korrespondiert nach derzeitiger Einschätzung wohl mit der diagnostizierten Einstichverletzung.“
So schildert Chrupalla den Vorfall
Der AfD-Chef schilderte auf Nachfrage noch einmal die Vorgänge am Rande der Wahlveranstaltung aus seiner Sicht und verwies dabei darauf, dass er dies auch so den Ermittlern gegenüber ausgesagt habe: Demnach wurde er bei seiner Ankunft nach dem Aussteigen aus dem Auto von Parteifreunden begrüßt. Kurz danach habe es Selfie- und Autogrammwünsche und weitere „Begegnungen mit jungen Menschen“ gegeben - „auch mit Selfies, wo der Arm um die Schulter gelegt wurde“. Er habe in dieser Situation nichts festgestellt, auch keinen Einstich. „Ich habe nichts bemerkt.“ Sieben bis acht Minuten später habe er einen untypischen Schmerz im Arm bemerkt, dieser sei bis zum Ellenbogen hart geworden. Danach sei ihm relativ schnell schwindlig geworden. Er habe einen Brechreiz und starke Kopfschmerzen bekommen.
Blutproben werden untersucht
Chrupalla wurde anschließend ins Krankenhaus gebracht, wo er eine Nacht intensivmedizinisch überwacht wurde. Der AfD-Chef sagte, er habe mindestens drei Blutproben in Ingolstadt für das Krankenhaus und die Ermittler abgegeben. Im Nachgang habe er privat weitere Blutproben machen lassen und an Labore gegeben. Er hoffe auf weitere Ergebnisse in den nächsten Tagen und Wochen, alle Ergebnisse würde man auch den Ermittlern zur Verfügung stellen. „Bisher wurden in den Blutproben keine Substanzen festgestellt.“ Allerdings müsse man auch konkret wissen, wonach man suche. Auf Nachfrage, wonach gesucht werde, nannte er „alle möglichen Substanzen, Quecksilber, Nowitschok ist sicherlich auch dabei (...) Wir können ja nicht ausschließen, von welchen Personen, ja auch Diensten hier eventuell was vorgenommen wurde.“ Mit dem Nervengift Nowitschok wurde der prominenteste Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Alexej Nawalny, vergiftet, er überlebte nur knapp.
So geht es Chrupalla
Zu seinem Gesundheitszustand sagte Chrupalla, kräftemäßig sehe er sich bei 70 Prozent. Morgens gehe es ihm noch „sehr übel“. Er leide unter Appetitlosigkeit. Die Ermittler hatten am Freitag erklärt, dass es bis dahin keine Erkenntnisse auf eine Vergiftung gebe. Staatsanwaltschaft und Arztbrief zufolge waren die Untersuchungen des Bluts von Chrupalla sowohl im Krankenhaus als auch bei den Ermittlern unauffällig. Die Kriminalpolizei wollte aber noch weitere Zeugen vernehmen. Auch die endgültige Untersuchung der Kleidung Chrupallas sowie die Auswertung weiterer Beweismittel stand noch aus.
Das sagt die Staatsanwaltschaft
„Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Ingolstadt konzentrieren sich auch weiterhin auf die offene Frage, wann und auf welche Weise diese diagnostizierte Einstichverletzung des Herrn Chrupalla am rechten Oberarm im Rahmen der Wahlkampfveranstaltung am Theatervorplatz in Ingolstadt entstanden ist und wer diese verursacht hat“, teilte die Behörde nun mit. „Um dies aufzuklären, werden derzeit weitere Zeugen identifiziert und vernommen, Videoaufzeichnungen gesichtet und Begutachtungen vorgenommen. Bislang gibt es keinen Anfangsverdacht gegen konkrete Personen.“
− dpa
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