Sommerserie 2021
Sprachschatz von A bis Z: Eine Lätschn wie drei Tage Regenwetter

L wie Lätschn

13.08.2021 | Stand 23.09.2023, 20:18 Uhr
  −Foto: Pixabay

Dialekt ist gelebte Tradition in der Sprache. Um die sprachliche Vielfalt in Bayern geht es in unserer neuen Sommerserie - von A bis Z. Diesmal ist L wie Lätschn an der Reihe.

Vorsicht, wenn Sie mit dem Begriff der Lätschn in Berührung kommen. Denn auch wenn das Wort vieles heißen kann - selten bedeutet es etwas Gutes, wie Grit Nickel schildert. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Deutsche Sprachwissenschaft der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und forscht zum Dialekt in Bayern: "Die Lätschn bezeichnet in der Umgangssprache zum einen das ganze Gesicht oder den Mund, teilweise auch nur die Unterlippe."

Häufig sei die Lätschn negativ konnotiert. Bei einem Blick auf die Wortfamilie ist das kein Wunder: Denn Lätschn ist mit dem Adjektiv lätschert verwandt, was laut Nickel als Beschreibung für schlaffen Salat, langweiliges Essen oder einen faden Menschen verwendet wird. Deswegen werden Personen, die die Mundwinkel traurig nach unten ziehen, auch dazu aufgefordert, ihre Lätschn nicht so hängen zu lassen beziehungsweise keine Lätschn zu ziehen. Häufig wird die Lätschn laut Nickel mit Vergleichen verknüpft: Beispielsweise heißt es dann, jemand lasse seine Lätschn hängen, als hätte eine Kuh hineingetreten. Alternativ könne jemand seine Lätschn hängen lassen wie drei Tage Regenwetter, zitiert Nickel ein weiteres Beispiel aus den Materialien des Akademie-Projekts Bayerisches Wörterbuch.

Wer sich trotzdem nicht davon abhalten lässt, regelmäßig eine Lätschn zu ziehen, hat sich schnell einen neuen Spitznamen eingehandelt: Wer ständig ein trauriges Gesicht macht, kann zum Lätschnbene - Bene als Kurzform für Benedikt - oder zum Lätschnpeppi - Peppi als Kurzform für Josef - werden. "Diese Bezeichnung trifft häufig auch Langweiler oder als fad wahrgenommene Menschen", schildert die Dialekt-Expertin.

Lätschn kann aber auch ein Schimpfwort für eine alte Frau sein, die meistens auch noch geschwätzig ist. Eine Ratschn oder Tratschn eben.

Richtig übel wird der Ausdruck aber erst in folgendem Kontext: "Gleich kriegst a Lätschn!" Denn dann ist damit die Ohrfeige gemeint. Wer aber diese Lätschn bekommt, hat jedes Recht dazu, eine Lätschn zu ziehen.

DK

Laura Schabenberger