Pfaffenhofen
Riesenstimmung beim European Quidditch Cup in Pfaffenhofen

29.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:29 Uhr

−Foto: Frank Stolle und Ivana Cesarec

Pfaffenhofen (DK) Nicht nur Zauberer, sondern auch Muggel (also Menschen) liefern sich knallharte Kämpfe beim Quidditch: Das zeigte sich am Wochenende im Pfaffenhofener Sportstadion, wo 32 Teams aus ganz Europa gegeneinander antraten. Ein etwas anderes Sporterlebnis.

Ist es Magie? Schließlich kommt Quidditch aus der Zaubererwelt des Harry Potter. Aber immer mehr Muggel lieben den Sport, auch wenn ihre Besen nicht fliegen können, sondern zwischen den Beinen klemmen. Sieht etwas komisch aus mit den PVC-Rohren. Aber Muggel-Quidditch kann genauso spannend und dramatisch sein wie im Roman oder Film.

 

So wie jetzt. Die ersten Minuten sieht es gut aus für die Münchner Wolpertinger: Sie machen drei Tore, drei Mal fliegt der „Quaffel“ durch den Ring, und die Franzosen wirken leicht irritiert. Sie gelten schließlich als Titelanwärter – die Titans Paris. Haben vor dem Spiel noch laut gegrölt: „La victoire chez nous!“ Der Sieg ist zuhause. Sie haben schon die Rheinos Bonn besiegt, die als aussichtsreichste deutsche Mannschaft galt. Die Wolpertinger dagegen sind echte Underdogs, haben sich erstmals für für den European Quidditch Cup qualifiziert und schon die Lumos Compostela aus Spanien geschlagen.

Und jetzt 30 Punkte Vorsprung. Die Wolpertinger am Spielfeldrand rasten aus. Jubeln. Auf dem Rasen kämpfen und tackeln sie um jeden Ball. Aber immer öfter werden sie von den fanzösischen Treibern getroffen, müssen vom Besen steigen, sind kurz aus dem Spiel. Die Titans kennen kein Pardon, rennen die Gegner einfach um. Quidditch ist ein Vollkontaktsport – eine Mischung aus Handball, Rugby und Dodgeball: Da geht es richtig zur Sache zwischen den gemischten Teams, da werden zierliche Mädels von Muskelmännern umgemäht, wenn es sein muss.

Coach Maya Wheldon sieht es kommen, schreit noch: „Defense.“ Aber die flinken Franzosen rennen einfach durch die Verteidigungslinie und werfen einen Ball nach dem anderen durch die drei Ringe. Christian Forner, ein blonder Riese aus dem Kader der Nationalmannschaft, bekommt den Zorn der Titans besonders zu spüren, wird laufend verfolgt und heftig attackiert und muss das Spiel bald wegen Schmerzen im Oberschenkel verlassen.

Jetzt ist Sebastian Muxeneder vom Support gefragt: Er schreit in die Menge: „Wolper“, und die Zuschauer brüllen zurück „tinger“. Immer wieder. Nach 18 Minuten Spielzeit kommt der gelbe „Schnatz“ ins Spiel: Hinten im Hosenbund klemmt eine Socke, darin ein Tennisball. Auf den haben es die Spieler beider Teams abgesehen, denn wer sich den „Schnatz“ schnappt, also die Socke, hat gute Chancen auf den Sieg. Wendig rennt der Unparteiische umher, weicht den Angreifern geschickt aus, schlägt Haken wie ein Hase. Aber dann erwischt ihn ein Franzose – die Titans haben gewonnen. „Das ging zu schnell für meinen Geschmack“, ärgert sich der Gelbe.

Die Wolpertinger gehen zwar geschlagen vom Feld, aber besiegt fühlen sie sich nicht. „Unser Team gibt es erst seit zwei Jahren“, sagt Christian Forner. „Die Titans waren schon drei Mal Europameister.“ Trainerin Maya Wheldon aus Pfaffenhofen nickt: „Es ist unglaublich, dass wir überhaupt hier sind. Wir haben uns gut geschlagen. Ich bin stolz auf mein Team. Das ist unser Sommermärchen.“

Eine Art Sommermärchen ist die Veranstaltung an sich. Die 32 Mannschaften aus ganz Europa, meist Studenten, fühlen sich wohl in Pfaffenhofen, das als Austragungsort vier andere Städte aus dem Rennen geschlagen hat. „Tolle Location, tolles Wetter“, freut sich Turnierleiter Tobias Pötzsch. „Alles easy.“ Überhaupt sei die Quidditch-Community ein ganz besonderer Menschenschlag. Jay Holmes, Coach der Velociraptors, die als gnadenlose Schurken der der britischen Quidditch-Szene verschrieen sind, schwärmt von den freundlichen Leuten und dem köstlichen Essen: „Vor allem schmeckt das Bier hier viel besser als bei uns. Ich hatte leider erst eines.“

Unter den Zuschauern sind auch Mike und Steffi aus Pfaffenhofen: „Das Spiel ist recht lustig“, meinen sie. „Die Spieler haben offenbar viel Spaß.“ So hart auch gekämpft wird, am Ende umarmen sich alle. Einige landen mit den üblichen Sportverletzungen bei den Maltesern. „Wir sind sehr gut beschäftigt“, berichtet Einsatzleiter Stefan Preisenhammer. Allein am Samstag mussten 69 Spieler versorgt werden. „Aber unsere Helfer sind begeistert. Mal was anderes als Reiten oder Motocross – dieses Quidditch.“ Die Wolpertinger landen schließlich auf Platz 8, das Turnier gewonnen haben die Titans Paris

Die deutschen Teams konnten sich folgendermaßen platzieren: 8. Platz für Münchner Wolpertinger, 10.  Platz für Darmstadt Athenas, 16. Platz für Three River Dragons Passau und 17. Platz für Rheinos Bonn.