Kriminaler mit Leib und Seele

Der Buchautor und Ingolstädter Ex-Kripochef Karl Häusler ist mit 91 Jahren gestorben

17.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:36 Uhr
Der Buchautor Karl Häusler starb mit 91 Jahren. −Foto: Richter

Ingolstadt - Er lebte bis zuletzt für seine große Leidenschaft.

 

Karl Häusler, ehemaliger Kripochef von Ingolstadt, Augsburg und Nürnberg, ist am 5. August im Alter von 91 Jahren gestorben. In seiner aktiven Dienstzeit hatte er Mörder, Räuber und Vergewaltiger gejagt, auch nach seiner Pensionierung ließ ihn das Metier nicht los. Er schrieb Bücher über Verbrecher und ihre Taten - authentische Geschichten, keine "billigen Krimis", darauf legte er großen Wert, wie er unserer Zeitung im vergangenen Dezember beim letzten großen Interview sagte. Drei Tage vor seinem Tod hatte er noch sein neuestes Werk zum Druck freigegeben. Die Veröffentlichung durfte er nicht mehr erleben.

"Er ist friedlich in seinem Bett eingeschlafen", sagte uns seine Schwiegertochter Monika. Morgens um halb sechs hatte sie Karl Häusler tot aufgefunden, zuletzt hatte sie um 3 Uhr nach ihm geschaut. Die Familie hatte es ihm ermöglicht, seinen letzten Atemzug in seinem Haus im Ingolstädter Südostviertel zu tun, nicht in irgendeinem unpersönlichen Krankenzimmer. "Das ist sein Wunsch gewesen", sagte Monika Häusler. "Er wird bei uns eine große Lücke hinterlassen. Bis zuletzt war er an allem interessiert gewesen und der Boss in der Familie - ein sehr guter Boss, immer ein Fels in der Brandung und ein guter Lebensberater. " Der 91-jährige Witwer hatte zwei Töchter, einen Sohn und sechs Enkelkinder.

Häusler war am 24. Juli 1929 "als ganz armer Waldlerbub", wie er einmal erzählte, in einem kleinen Dorf im Böhmerwald zur Welt gekommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte er sich einige Zeit als Knecht in Bayern verdingt. Dass er einmal zum honorigen Kriminaldirektor aufsteigen würde, hatte er damals nie für möglich gehalten. Aus einer Intuition heraus bewarb er sich später bei der Polizei, arbeitete in Ingolstadt bei der Stadtpolizei und der Verkehrspolizei, bevor er zur Kriminalpolizei ging. Er brachte es dort zum Dienststellenleiter und hatte unter anderem sieben Jahre lang bei der Kripo Ingolstadt das Sagen. "Der Häusler-Karl war mein bester Chef in meiner Laufbahn, menschlich und fachlich", sagt einer, der beruflich lange mit ihm zu tun hatte.

Das Verbrechen ließ den rührigen Kriminaldirektor nie los, selbst im Ruhestand nicht. Er begann Bücher zu schreiben, über eigene Fälle, aber auch solche seiner Kollegen. Selbst im hohen Alter recherchierte er noch im Internet für seine vielen Werke. Schnörkellos und in klaren Worten brachte er die Dinge auf den Punkt, ohne Effekthascherei. Er tat dies auch wider das Vergessen der Opfer, denn oft genug würden in der Überlieferung nur die Namen der Täter in Erinnerung bleiben, wie er zu seinem Motiv erklärte.

Er, der zahllose Leichen zu Gesicht bekommen hatte, musste auf bittere Weise erfahren, dass es noch Schlimmeres gibt - wenn der Tod in der eigenen Familie zuschlägt. Im Herbst 2018 musste Häusler Abschied von seinem Sohn "Sigi" nehmen. Der stadtbekannte Gastronom war völlig unerwartet gestorben. Der Schmerz war überaus heftig, "aber es muss ja weitergehen", sagte der Vater. Das Wort "aufgeben" kannte der 91-Jährige in seinem Leben nicht. Die Familie fing ihn auf, dafür war er dankbar. Jetzt hat er selbst seine Augen für immer geschlossen. Seine Beisetzung findet am Freitag ab 14 Uhr auf dem Ingolstädter Westfriedhof statt. Die Stadt verliert einen engagierten Bürger und bodenständigen Menschen, der seine Wurzeln im Umgang mit anderen nie vergessen hat.

Seine Bücher sind Häuslers Vermächtnis, sie werden die Erinnerung an einen Kriminaler mit Leib und Seele wachhalten. Sein letzter Band befasst sich mit dem Mord an Walter Sedlmayr. Der Täter, soviel hatte er im vergangenen Dezember gegenüber unserer Zeitung angedeutet, ist nach seiner Ansicht jemand ganz anderes als die zwei für das Verbrechen verurteilten Männer. Wir dürfen auf seine Einschätzung gespannt sein.

DK

Horst Richter