München/Bamberg
Bischöfe wollen nach Missbrauchsskandal neue Strukturen

01.01.2019 | Stand 02.12.2020, 14:56 Uhr
Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. −Foto: Arne Dedert/Archiv

Der Missbrauchsskandal hat die katholische Kirche erschüttert. 2018 hat sie einen umfassenden Bericht vorgelegt. Für das neue Jahr leitet der oberste Katholik Deutschlands daraus Forderungen ab. Er ist nicht der Einzige, den das Thema nach wie vor bewegt.

Nach dem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche fordern die beiden obersten bayerischen Bischöfe zum Jahreswechsel neue Strukturen. Der Münchner Kardinal und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Reinhard Marx, sprach in seiner Silvesterpredigt von „Versagen und der Unfähigkeit, auf Herausforderungen und Missstände angemessen zu reagieren“. Dies gelte „gerade für uns als Verantwortliche in der Kirche und besonders im Blick auf das ungeheure Geschehen des sexuellen Missbrauchs, das im Kern ein Missbrauch geistlicher Macht war und ist“. Marx fordert eine Erneuerung der katholischen Kirche.

„Natürlich stehen wir in einer großen Tradition. Aber es ist keine abgeschlossene Tradition. Es ist ein Weg in die Zukunft“, sagte er laut Manuskript. Die „Lehre der Kirche“ müsse nicht nur vertieft, sondern auch weiterentwickelt werden - und zwar ohne in Kategorien wie „links und rechts, konservativ und progressiv“ zu denken. Gesellschaftliche Entwicklungen und historische Herausforderungen machten „Aufgaben und Notwendigkeiten zur Erneuerung sichtbar“, sagte Marx.

Der Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick sagte in seiner Silvesteransprache am Montag laut Mitteilung des Bistums: „Unsere Worte werden nur wirken, wenn sie durch unsere Taten gedeckt sind.“ Die Strukturen in der Kirche hätten die schweren Taten begünstigt und gedeckt. Außerdem seien bei jedem Einzelnen Reue, Wiedergutmachung und Bekehrung nötig. Die Täter müssten bestraft und Rückfälle mit allen Mitteln verhindert werden, forderte Schick weiter.

Die katholische Kirche in Deutschland beschäftigt sich seit Jahren mit der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in ihren Reihen. Dazu hatte die Bischofskonferenz Ende September eine umfassende Studie veröffentlicht. Demnach sollen zwischen 1946 und 2014 mindestens 1670 katholische Kleriker mehr als 3670 Minderjährige missbraucht haben.

Derweil sieht Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der ehemalige Chef der römischen Glaubenskongregation und frühere Bischof von Regensburg, keine Verbindung zwischen der vorgeschriebenen Ehelosigkeit katholischer Priester und dem vielfachen sexuellen Missbrauch von Minderjährigen. „Es ist eine diskriminierende Unterstellung, dass Menschen, die freiwillig dem Ruf Jesu in diese Lebensform folgen, besonders disponiert zu Sexualverbrechen wären“, sagte Müller der Deutschen Presse-Agentur. „Den abscheulichen sexuellen Missbrauch von Heranwachsenden zu benutzen, um eine im Evangelium Christi begründete Lebensform zu bekämpfen, nur weil sie dem rein innerweltlichen Denken unverständlich und anstößig erscheint, ist nichts anderes als menschenverachtende Ideologie.“ Durch die Aufhebung des Zölibats würde keine einzige Straftat verhindert. Nach den Ergebnissen der DBK-Studie werden Priester fünfmal häufiger auffällig als katholische Diakone - die im Gegensatz zu Priestern heiraten dürfen.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und bayerische Landesbischof, Heinrich Bedford-Strohm, hatte in seiner Neujahrsbotschaft die deutsche Rüstungsexportpolitik kritisiert. „Am Reden vom Frieden fehlt es nicht. Am Handeln manchmal schon“, sagte er. Noch immer sei Deutschland viertgrößter Waffenexporteur der Welt. „Da, wo Waffen nicht national oder international zur polizeilichen Sicherung des Rechts verwendet werden, verbreiten sie vor allem Schrecken.“ Frieden könne es nur geben, wenn „die Spirale der Gewalt durchbrochen wird“. 2019 solle ein „Jahr des Friedens“ werden. „Die Anwendung von militärischer Gewalt ist immer eine Niederlage“, sagte Bedford-Strohm. „Waffen dürfen nie gesegnet werden.“

dpa