Garnelen aus Bayern

Auf seiner Farm bei Erding züchtet Fabian Riedel die Krustentiere auf nachhaltige Weise

11.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:33 Uhr
Im 24-Stunden-Expressversand verschickt Fabian Riedel die frisch abgefischten und verpackten Garnelen. Diese sehen im Wasser bläulich-schimmernd und fast durchsichtig aus (oben), ihre orange-rote Farbe erhalten sie erst beim Kochen. −Foto: Crusta Nova, Obster

Langenpreising - In der großen Halle von "Crusta Nova" in Langenpreising im Landkreis Erding herrschen Temperaturen von 30 Grad, durch die hohe Luftfeuchtigkeit beschlagen Brille und Kameralinse sofort.

 

Hier wird das tropische Klima der Mangrovenwälder Südamerikas nachgebildet. Acht langgezogene Becken stehen nebeneinander: Wirft man einen Blick hinein, sieht man unzählige weiß-bläulich schimmernde, fast transparente Würmchen mit langen Antennen und Schwanzfächern im Salzwasser schwimmen. Die Garnelen. Etwa 20000 Stück der Sorte "White Tiger" tummeln sich in jedem Becken, sie sind durch Trennwände in mehrere Bereiche abgeteilt.

In den hintersten Teil kommen die Larven, wie Gründer und Geschäftsführer Fabian Riedel erklärt. Von dort aus werden sie nach einer gewissen Zeit einen Bereich nach vorne gerückt - ebenso die Älteren im Bereich vor ihnen, während die neue Generation hinter ihnen neu ins Baby-Becken einzieht. Gefüttert werden sie mit einer Mischung verschiedener Futtermittel, unter anderem Weizen, Fischmehl und Sepia.

Nach vier bis fünf Monaten sind sie im vordersten Bereich angekommen und mit ihren 25 bis 35 Gramm erntereif. Sie werden abgefischt. Ein paar Hundert Kilo sind das jede Woche. Im Raum gleich daneben geht dann alles ganz schnell: "Sie werden mit Strom getötet, gewogen, verpackt, gekühlt und gehen im Expressversand raus", fasst es Riedel zusammen. Pro Jahr sind das etwa 1,5 Millionen Garnelen, das entspricht 30 Tonnen. Für 500 Gramm der "Bayerischen Garnelen" zahlt der Kunde im Online-Shop von "Crusta Nova" knapp 40 Euro plus Versandkosten. Vor allem aber beliefert das im Jahr 2012 gegründete und 2016 auf den Markt gekommene Unternehmen Hotels, Catering-Firmen, Supermärkte und Restaurants - "von Landgasthöfen bis zu Sterneköchen" in Deutschland und Österreich, wie Riedel sagt.

Sein Sortiment hat er inzwischen stark vergrößert. Als Großhandel für Meeresfrüchte hat der 37-Jährige Logistik und Vertrieb verschiedener Partner übernommen, darunter sind Anbieter von Tiefseegarnelen, Langusten, Hummer, Krabben, Muscheln, Oktopusse, Kaviar und von Fischen. Damit hat er noch ein zusätzliches Standbein, die Garnelenfarm soll allerdings die Basis seiner Firma bleiben, sagt er.

 

Eigentlich ist Riedel Rechtsanwalt. Nach dem Studium unterhielt er sich mit einem Bekannten, der mit dem Gedanken spielte, Krebse in einer Aquakultur zu züchten. "Da habe ich mich gefragt: Warum gibt es eigentlich keine frischen Garnelen aus Deutschland? Wie könnte eine Zucht bei uns aussehen? Ist der Markt überhaupt bereit dafür? ", zählt Riedel auf.

Die beiden Freunde arbeiteten einen Businessplan aus, wälzten Literatur, setzten sich mit verschiedenen Experten zusammen - und entwickelten die softwaregesteuerte Technik für ihre bayerische Garnelenzucht. Wie der Firmenchef erklärt, handelt es sich dabei um eine geschlossene Kreislaufanlage, die über eine integrierte Wasseraufbereitungseinheit verfügt. Diese reinigt kontinuierlich das Ablaufwasser aus den Zuchtbecken. "Deshalb können wir auf Chemikalien verzichten", erklärt Riedel. Das Wasser wird anschließend mit Sauerstoff angereichert und wieder den Becken zugeführt. 98 Prozent kann somit wiederverwendet werden.

Ein Jahr lang dauerte es schließlich, bis die Halle in Langenpreising gebaut, die Becken befüllt waren und die ersten Larven darin schwammen. Der Unterschied zu Garnelenfarmen in asiatischen und lateinamerikanischen Ländern sei laut Riedel, dass die Tiere dort kaum vor Einflüssen von außen, also Fäkalien, Bakterien oder Krankheiten geschützt seien. "Deshalb müssen die Züchter präventiv irgendwelche Mittel wie zum Beispiel Antibiotika einsetzen. Das können wir vermeiden, weil bei uns alles hochkontrolliert ist. " Nachhaltig sei das Konzept, weil es keine langen Transportwege gebe. Am Eingang der "Crusta Nova"-Zentrale stehen mehrere Preise, die das Unternehmen bereits bekommen hat, darunter der "Bayerische Gründerpreis 2017" und der deutsche Preis für Food-Start-Ups "Food Invention 2017". Die Firma ist unter anderem auch Mitglied von Slow Food Deutschland.

Riedels Freund und Geschäftspartner ist mittlerweile ausgestiegen, er führt das Geschäft mit knapp 15 Mitarbeitern nun alleine. In Europa sei "Crusta Nova" momentan Marktführer, sagt er - allerdings kämen nach und nach immer mehr Mitbewerber. Sorgen macht ihm das bislang nicht: "Der Markt ist so groß. . . "

DK

 

Silvia Obster