Eine kleine Erinnerung an den Krieg

Im Turm der Wallfahrtskirche St. Kastl in der Hallertau steckt eine Kanonenkugel aus dem 18. Jahrhundert

02.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:19 Uhr
Es ist nur ein kleiner schwarzer Fleck: Im Turm der Wallfahrtskirche St. Kastl bei Langenbruck steckt noch immer eine Kanonenkugel aus dem Jahr 1796: Österreicher und Franzosen hatten sich dort ein Gefecht geliefert, von dem auch eine Votivtafel in der Gambacher Kirche zeugt. −Foto: Lodermeyer, A. Ermert

Etwa in einer Höhe von 20 Metern ist am Kirchturm von St. Kastl ein schwarzer Fleck zu sehen: eine Kanonenkugel, die von der Schlacht am Kastlberg 1796 noch übrig ist.

"Bis heute weiß keiner, ob das eine französische oder eine österreichische Kanonenkugel ist", erklärt Hermann Maier vom Historischen Cirkel in Wolnzach. Er schätzt, dass es etwa ein 10er Kaliber ist - aber welche Truppen diese Kugel abgefeuert haben, das kann auch er nur mutmaßen. "Da mal die Österreicher, mal die Franzosen den Berg besetzt hatten, ist die Herkunft unklar. "

Der Jebertshausener hat vielfältige Quellen zu dieser Schlacht und auch zum Koalitionskrieg zwischen Österreich und Frankreich allgemein analysiert. Dass es vor 222 Jahren ausgerechnet in der Hallertau zu dieser Schlacht kam, erklärt Maier vor allem mit der Landschaft: Im Westen bereitete die Sumpflandschaft auf Höhe der heutigen B13 vor allem der Kavallerie Probleme; der Kastlberg im Osten hingegen bot eine gute Aussicht und somit einen passenden Verteidigungspunkt. Gerade an dieser Stelle in der Nähe von Langenbruck - die St.-Kastl-Kirche ist auch von der A9 gut zu sehen - positionierten sich die französischen Soldaten. "St. Kastl war im Grunde genommen unwichtig. Es ging nur um den Berg, der sich leicht verteidigen ließ", so Maier. Der Historiker stellt außerdem klar: "Ich bin der Meinung, dass es keine wirkliche Schlacht war. Die Verluste waren nicht sehr hoch - ich würde es als Gefecht bezeichnen. " Aber unabhängig von der Zahl der Kriegstoten: "Wichtig war es - so wurde der Durchbruch der Österreicher verhindert, die französische Division vor Ingolstadt hätte sonst die Verbindung zur Hauptarmee verloren. "

Der Kastlberg war nämlich nur eine kleine Etappe der französischen Truppen auf dem Weg durch Bayern. Denn der 30-jährige General Moreau hatte die Armee bisher bereits über den Lech geführt und ist über Aichach und Schrobenhausen bis in die Hallertau gekommen. Während dieser Zeit spüren auch die Bürger die Konsequenzen dieses Koalitionskrieges. In Pörnbach beispielsweise bedienten sich vor allem die Franzosen. Der dortige Pfarrer Thadäus Hagenberger hatte genau Buch geführt, was die Soldaten in diesen zwei Wochen an sich nahmen, darunter drei Pfund Schokolade, acht Pfund Kaffee, zehn Pfund Zucker, 22 Eimer Bier, 300 Pfund Ochsenfleisch, 30 Junghennen, 80 Zentner Heu und vieles andere mehr. In der Pucher Pfarrmatrikel steht zu lesen: "1796 hatte das Dorf wegen immerwährenden Quartiers fast das Aussehen von einem stark besetzten Garnisonsplatz. " Plünderungen durch die Freiwilligen der französischen Armee waren - neben den Fourage-Lieferungen - an der Tagesordnung. Aber auch mit dem schließlich in Pfaffenhofen geschlossenen Waffenstillstand ist diese Beutezeit noch nicht vorbei: Die Franzosen fordern unter anderem 400000 Zentner Getreide und Heu, 100000 Paar Schuhe und 3300 Pferde.

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