Nürnberg
Das öffentliche Wohnzimmer gestalten

Festival "Stadt für alle" feiert tatkräftigen Bürger - Verwaltung mit neuen Denkansätzen unterstützen

18.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:17 Uhr
Das Festival "Stadt für alle" wird geleitet von Julia Hendrysiak, Sebastian Schnellbögl, Cosima Schugmann und Christian Köcher. Als studierte Gestalter wollen sie soziale Verantwortung und kreative Arbeitsweisen auf Konzepte im urbanen Raum übertragen. −Foto: Foto: Stadt für alle

Nürnberg (HK) Mit dem Festival "Stadt für alle" wollen Sebastian Schnellbögl und seine Mitstreiter vom "Urban Lab" in Nürnberg noch bis zum 2. Juni zeigen, wie urbane Beteiligungsprojekte die Stadt verändern können.

Utopisten wie Sebastian Schnellbögl verstehen sich als Realisten von morgen. Mit einem Festival wird derzeit in Nürnberg die "Stadt für alle" gefeiert. "Wir möchten dazu einladen, Stadtviertel und ihre Nachbarschaften aus einem anderen Blickwinkel zu sehen und sich untereinander zu vernetzen", sagt Schnellbögl zur Idee.

Mit über 40 Veranstaltungen wolle das Festival "Stadt für alle" den Status quo der Beteiligungsprojekte in Nürnberg vorstellen. Stadtentwicklung findet laut Schnellbögl heutzutage nicht mehr alleine in der Verwaltung statt. "Wir wollen die Verwaltung nicht ersetzen, sondern diese mit praktischen Projekten und neuen Denkansätzen unterstützen", sagt der 27-jährige Mitorganisator des Festivals.

Nürnberg könnte bürgerliche Projekte im urbanen Raum noch besser wertschätzen und beispielsweise bürokratische Hürden abbauen, findet Schnellbögl. Die Stadt könnte von den Macherqualitäten der Bürger profitieren. Schließlich würden die allermeisten Ideen mit wenig Geld von den gesellschaftlichen Gruppen im öffentlichen Raum realisiert werden. Akteure wie das "Quellkollektiv" hätten beispielsweise erkannt, dass man mit Enthusiasmus und Tatendrang die Stadt nach eigenen Vorstellungen gestalten kann.

Unter dem Motto "Unsere Straße" hat das Quellkollektiv am Donnerstag zum Beispiel dazu eingeladen, aus alten Schachteln und anderem Verpackungsmüll den urbanen Raum zu verschönern. Mit viel Farbe sollte eine triste in eine bunte Straße verwandelt werden. An diesem Samstag lädt das Quellkollektiv, das sich als ein gewerbliches und zugleich kulturelles Stadtteil-Pilotprojekt versteht, zwischen 15 und 18 Uhr zum "Offenen Träumen" in den Nürnberger Stadtteil Muggenhof in die Wandererstraße 89 ein. Dort will sich die kreative Mietergemeinschaft am Fuße des berühmten Quelle-Turmes als "offene und lebendige Keimzelle" im Nürnberger Westen präsentieren. Die 40 Mieter wollen in der alten Betriebsfeuerwache auf rund 2000 Quadratmeter n innovative Strategien und moderne Lösungsansätze für stadtpolitische und gesamtgesellschaftliche Problemstellungen entwickeln und erproben.

Am Dienstagabend steht "Vegan Anarcho Punk Cooking Action" ab 19 Uhr in den Räumen des "Projekt31" auf dem Programm. Bereits seit mehr als einem Jahrzehnt setzen sich die veganen Punks am Küchenherd für einen bewussten Umgang mit Nahrungsmitteln ein. Unterhalten werden die Köche von Livemusik. Der Sänger mit dem schönen Künstlernamen Max Mustermann zupft die Klampfe und singt sozial- und wohl auch fleischkritische Texte. Überhaupt kommen Gemüsefreunde beim Festival "Stadt für alle" voll auf ihre Kosten. Bereits am 23. Mai ab 19 Uhr werden Freunde der vegan-vegetarischen Kochkunst zur "Schnippeldisko" ins Café Martha eingeladen. Auch dabei darf der passende Sound nicht fehlen. Bei entspannten Klängen sollen Lebensmittel gemeinsam mit dem Küchenmesser in mundgerechte Stücke zerkleinert und anschließend für das gemeinsame Essen zubereitet werden.

Zum Abschluss des Festivals findet im Z-Bau vom 31. Mai bis zum 2. Juni ein großes Symposium statt, dass ehrenamtliche Projekte zur Stadtentwicklung deutschlandweit vernetzten soll. "In Nürnberg gibt es in puncto Bürgerbeteiligung noch Luft nach oben. Die Bereitschaft zum Engagement ist groß. Wir wollen mit dem Symposium zum Abschluss nochmal ein deutliches Signal an die Stadt senden, dass viele Menschen positiv zur Gestaltung ihrer Stadt beitragen wollen", sagt Schnellbögl. Mehr Bürgerprojekte im urbanen Raum könnten Nürnberg noch lebens- und liebenswürdiger machen, findet Schnellbögl. "Die Bürger wollen nicht nur in den eigenen vier Wänden glücklich werden. Gerade in der Stadt muss der öffentliche Raum auch Wohnzimmer zur freien Entfaltung sein."

Nikolas Pelke