Ingolstadt
Einigung im Prozess um Katzenbiss

Verfahren in Ingolstadt endet versöhnlich – Klägerin bekommt knapp 2700 Euro

10.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:49 Uhr
Gut verdeckt in einem Korb mit Tuch war die Katze gestern im Landgericht Ingolstadt. Als sogenanntes „Augenscheinsobjekt“ wollte die Richterin sie selbst begutachten. Dazu kam es allerdings nicht, weil die Beteiligten sich auf einen Kompromiss einigten. −Foto: Leurs

Ingolstadt (DK) Treibt eine aggressive Katze in Großmehring ihr Unwesen? Das musste gestern vor dem Landgericht Ingolstadt geklärt werden. Eine Frau warf ihrer Nachbarin vor, von deren Katze gebissen worden zu sein. Am Ende fanden beide einen Kompromiss. Die Klägerin bekommt knapp 2700 Euro.

Eigentlich herrscht beim Landgericht striktes Tierverbot. „Wenn wir Tiere zulassen würden, dann hätten wir hier bald einen Zoo“, sagte Landesgerichtspräsidentin Sibylle Dworazik. Für den Fall, der gestern das Landgericht beschäftigte, machte sie allerdings eine Ausnahme. Da sich in einer ersten Verhandlung die Parteien nicht einig werden konnten, wollte die Richterin Heike Linz-Höhne das angeblich bissige Tier selber in Augenschein nehmen. Letztlich kam die zweieinhalb Jahre alte Katze allerdings um einen Auftritt im Gerichtssaal herum, da sich beide Parteien auf einen Kompromiss einigen konnten. Die Katzenbesitzerin erklärte sich dazu bereit, ihrer Nachbarin knapp 2700 Euro zu zahlen.

Doch was war eigentlich passiert? Am 9. Januar hatte die Klägerin mit ihrem Mann in Großmehring bei Ingolstadt einen Spaziergang gemacht und war von einer Katze in den rechten Oberschenkel gebissen worden. Die Wunde entzündete sich, es folgten Dutzende Arztbesuche. Eine scheußliche Narbe werde sie für immer an den Angriff erinnern, sagte sie Klägerin.

Die tierische Attacke soll sich gegen 18:30 Uhr ereignet haben. „Die Uhrzeit ist wichtig“, betonte die Richterin, denn zu dieser Jahreszeit sei es bereits dunkel gewesen. „Und bei Nacht sind ja alle Katzen grau“, sagte Linz-Höhne und wollte von der Klägerin wissen, ob es wirklich die Katze der Nachbarin gewesen sein kann, die sie gebissen habe. Die war sich sicher, es könne nur die der Nachbarin gewesen sein. Schon mehrmals sei das Tier ihr beim Spaziergang gefolgt.

Eine andere Katze aus dem Ort, die ein ähnliches Fellmuster habe, schloss die Klägerin als „Täter“ aus. „Die andere Katze habe ich noch nie gesehen“, sagte sie, als Fotos von beiden Tieren gezeigt wurden.

Die Beklagte versicherte, ihre Katze habe noch nie jemanden gebissen oder gekratzt. Allenfalls beim Tierarzt habe sie mal eine „mit der Tatze gegeben“. Auch in einem anderen Punkt widersprach sie der Klägerin: Ihre Katze sei sehr wohl mit der anderen Verdächtigten verwechselbar, das habe sie selbst erlebt. „Einmal habe ich die andere Katze in die Wohnung gelassen“, erzählte die Beklagte. Erst als ihr die Katze nicht in die Küche folgte, was sie normalerweise immer tue, habe sie bemerkt, dass es sich nicht um ihre handele.

Die Richterin konnte sich bei dem Verfahren ein Schmunzeln nicht verkneifen. Eine Katze als Teilnehmerin in einem Verfahren ist auch für sie etwas Neues. „Belehren muss ich die Katze zumindest nicht“, sagte sie zu Beginn der Sitzung und ein Lachen ging durch den Sitzungssaal. Doch auch ohne Belehrung blieb der Katze ein Auftritt im Saal erspart. Sie saß die ganze Verhandlung über im Flur in einem Korb, der mit einem Tuch verdeckt war. Allein war das Tier natürlich nicht: Der Freund der Beklagten kümmerte sich währenddessen um das Tier.

Im Saal sah es derweil lange nicht danach aus, dass es zu einer Einigung kommen würde. Schließlich widersprachen sich die Aussagen der Klägerin und der Beklagten in allen Punkten. Als die Richterin jedoch die Haftpflichtversicherung der Katzenbesitzerin ins Spiel brachte, ging plötzlich alles ganz schnell. Nach einem Vieraugengespräch zwischen dem Verteidiger und der Anwältin der Klägerin fanden beide Parteien einen Kompromiss. Ursprünglich standen Schmerzensgeld und Krankenhauskosten von insgesamt fast 5400 Euro im Raum. Die getroffene Vergleichsvereinbarung sieht nun vor, dass die Beklagte rund die Hälfte der Kosten zahlt, also knapp 2700 Euro. Allerdings will sie noch zwei Wochen warten, ob ihre Versicherung für die Kosten aufkommt.

Alle Beteiligten waren sichtlich erleichtert über den Ausgang der Verhandlung. „Schließlich wollen Sie ja Nachbarn bleiben“, sagte die Richterin an Klägerin und Beklagte gerichtet. Aus diesem Grund stimmten beide Seiten dem Vergleich zu.

Auch die Richterin zeigte sich zufrieden. „Miteinander reden ist ein gutes Zeichen“, sagte sie zum Abschluss. Der Geschädigten wünschte sie gute Besserung – auch wenn wegen der Narbe „der Lack am Oberschenkel nun ab“ sei.