Lachend durch die Krise

Mit Online-Sessions will die Lachtrainerin Cornelia Leisch Menschen helfen, negative Gedanken umzusteuern

22.12.2020 | Stand 23.09.2023, 16:08 Uhr
Offenbar bester Laune sind diese Teilnehmer einer Online-Lach-Session. Einen Großteil des Trainings machen Koordinations- und Atemübungen aus. −Foto: Screenshot, Leisch

München - Die Arme kreisen, die Hände schütteln, die Finger biegen - vor allem aber: zusammen lachen.

 

Zwischen 10 und 15, zu Bestzeiten sogar 50 kleine Bildschirmfenster sieht Cornelia Leisch vor sich, wenn sie donnerstags und sonntags ihre Online-Lach-Sessions anbietet. Vor der Laptop-Kamera trainiert sie gemeinsam mit den Teilnehmern das Lachen und bietet ihnen eine mentale Auszeit von der Krise, wie sie selbst sagt. Soziale Distanz und Ausgangsbeschränkungen machen es zurzeit schwer, Zuversicht und Unbeschwertheit zu empfinden, Freude und lustige Momente mit anderen zu teilen. Das gemeinsame Lachtraining soll Nähe und Verbundenheit schaffen und negatives Denken unterbrechen.

"Diese Art von Lachtraining hat mich vor 15 Jahren aus der Depression geholt", sagt Cornelia Leisch. Die heute 60-Jährige war 2001 nach 13 Jahren in der Dominikanischen Republik alleinerziehend mit zwei Kindern zurück nach München gekommen. Sie war überfordert mit dem Prozess dieses Wiederaufbaus. Es stellte sich heraus, dass sie unter Depressionen leidet. "Eine Therapie hat mich stabilisiert. Ich habe gearbeitet und weiter funktioniert wie ein Roboter. Aber trotzdem hat mir die Lebensfreude gefehlt. "

Dann entdeckte Leisch per Zufall den Lachclub im Münchner Westpark und ging zu einem ersten Treffen. "Es war seltsam, es war komisch", erinnert sie sich. "Aber nach einer viertel Stunde war es schon nicht mehr so schlimm, nach einer halben Stunde hat es richtig Spaß gemacht und am Ende habe ich mich so wohl gefühlt wie schon lange nicht mehr. Und dann bin ich wieder hingegangen", erzählt Leisch. Ihr Leben habe sich so langsam verändert. "Ich bin da reingewachsen und jeden Sonntag in den Westpark gegangen und habe gelacht, ob ich Lust hatte oder nicht. "

Leisch beginnt, die Lach-Stunden selbst anzuleiten, übernimmt den Club schließlich. Die Verpflichtung nimmt ihr die Antriebslosigkeit. Inzwischen ist sie Lach- und Bewusstseinstrainerin und seit 2012 die erste Vorsitzende des Europäischen Berufsverbandes für Lachyoga und Humortraining.

 

Leisch unterscheidet zwischen Lachyoga und -training. "Beim Lachyoga bringt man den Leuten bei, künstlich zu lachen, bis ein echtes Lachen kommt. Das funktioniert, aber es verprellt auch viele. " Leisch beschäftigt sich in ihren Kursen eher mit der sogenannten "laughter wellness", einem Konzept des amerikanischen Lachtrainers Sebastian Gendry. "Dabei muss man überhaupt nichts forcieren. Wenn das Lachen nicht kommen will, wartet man einfach und dann passiert es schon. "

Leisch glaubt, dass man sein Gehirn mit Lachtraining neu strukturieren, den eigenen Automatismus durch neue Reize unterbrechen kann. "Das Wichtigste ist: Es geht dabei nicht ums Lachen. " Das Lachen sei lediglich ein Transportmittel, um sich in einen anderen Zustand zu versetzen. Einen großen Anteil des Lachtrainings machen Koordinations- und Atemübungen aus. "So werden in unserem vegetativen Nervensystem Prozesse angeregt, die uns einen Entspannungszustand verschaffen", sagt Leisch. Lachen sei letztlich nichts anderes als sehr langes Ausatmen. "Das ist Atemtherapie ohne Zählen. " Das Ziel einer solchen Lach-Stunde sei es, am Ende einen ähnlichen Entspannungs-Effekt zu erreichen wie nach einer Meditation.

Normalerweise finden diese Lach-Sessions im Westpark in München statt, 20 bis 50 Teilnehmer waren regelmäßig dabei. In der Corona-Krise ist ihr dieses Publikum weitgehend weggebrochen, erzählt Leisch. Viele gingen nicht gerne ins Internet, um an den Online-Sessions teilzunehmen - auch, weil Menschen, die im Homeoffice arbeiten, abends oft keinen Bildschirm mehr sehen möchten. Trotzdem ist Leisch nach eigenen Aussagen mit ihrem Kurs-Angebot bisher recht gut durch die Krise gekommen.

"Die Online-Lach-Sessions sind anders als die im Park", sagt Leisch. Sie lerne die Menschen nur über den Bildschirm kennen und "trotzdem ist auf diese Weise eine Beziehung entstanden". Zwar sei - wie auch im persönlichen Umgang - die Hemmschwelle generell groß, weil viele Menschen zögerten mitzumachen, wenn ihnen nicht zum Lachen zumute ist, weil sie Angst hätten, sich lächerlich zu machen. Leisch aber glaubt fest daran, dass man diese Scham recht schnell ablegen kann. Wer nach der Lachstunde noch online bleibt, hat Gelegenheit für einen Austausch. Gerade jetzt sei das eine gute Möglichkeit, Einsamkeit zu überkommen, sich in Verbindung zu bringen, meint Leisch.

Zweimal können Interessierte kostenlos schnuppern, dann sind die Lach-Sessions kostenpflichtig. Sie finden donnerstags um 19 Uhr und am Sonntag um 11 Uhr statt. Mehr Infos gibt es im Internet unter www. cornelia-leisch. de.

DK

Laura Csapó