AfD sät Zweifel an Corona-Impfstoff

Nach Auftritt bei Regierungsbefragung im Landtag ringt Gesundheitsmisterin Huml um Fassung

02.12.2020 | Stand 23.09.2023, 15:48 Uhr
"Es wird nichts durchgepeitscht": Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) wies im Landtag entsprechende Vorwürfe der AfD zurück. −Foto: Kneffel, dpa

München - Ist es echte Sorge?

Oder der Versuch, den Menschen Angst vor der freiwilligen Corona-Schutzimpfung zu machen? Der Passauer AfD-Landtagsabgeordnete Ralf Stadler hat die Regierungsbefragung im Planum des Landtags am Mittwoch jedenfalls genutzt, eine weite Brücke zwischen den möglicherweise bald möglichen Corona-Schutzimpfungen und dem verheerenden Contergan-Skandal der 1960er-Jahre zu schlagen.

So sprach Stadler in der Einleitung seiner Frage davon, Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sei dabei, die Schutzimpfung "durchzupeitschen". Er sprach von einem "medizinischen Experiment" mit vielen "Versuchskaninchen" und den Gefahren einer "Schnellzulassung" - dabei werde sich das "Leid durch Impfschäden", so Stadler, "erst spät zeigen". Dann wies der AfD-Mann auf die verheerenden Wirkungen wie bei dem Beruhigungsmedikament Contergan für Schwangere hin, das viele Tausend Neugeborene mit Fehlbildungen verursacht hatte. Seine Frage: "Wer haftet für Impfschäden? "

Zuständig für die Antwort war Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU), die ob dieses Vergleiches sichtbar um Fassung rang - und sich gegen "den Zungenschlag, den Sie hier reingebracht haben", verwahrte. "Bitte tun Sie das nicht in diesem Hohen Haus", mahnte sie unter großem Applaus. Dennoch mühte sie sich um eine sachliche Antwort: Auch ein neuer Impfstoff müsse regulär zugelassen werden, neu sei lediglich, dass Teile des Zulassungsverfahrens parallel bearbeitet würden, um das Verfahren zu beschleunigen, so Huml. Das heiße aber nicht, dass das Zulassungsverfahren "nicht solide durchgeführt" würde. Es werde "nichts durchgepeitscht", so Huml, "niemand wird gezwungen, es ist eine freiwillige Impfung". Es gebe keine staatliche verordnete Impfung, sondern ein Impfangebot. Am Anfang werde es sogar zu wenig Impfstoff geben, weshalb man priorisieren müsse. Richtig sei, dass auch bei einem Corona-Impfstoff beobachtet werden müsse, welche Nebenwirkungen es gebe - "wie bei anderen Impfstoffen auch", so Huml. Was die Haftung für mögliche Impffolgen angehe, so werde dies derzeit auf Bundesebene besprochen und sei mit Vorliegen der Zulassung dann "ganz klar geklärt", sicherte sie zu.

Ablehnend zeigte sich Huml gegenüber einem Vorschlag von FDP-Mann Dominik Spitzer. Der wollte wissen, warum die Staatsregierung mit den zehn Millionen Corona-Schnelltests, die der Freistaat geordert hat, jetzt nicht ein Modellprojekt in der Stadt Passau macht, um - auf freiwilliger Basis - an dem Ort mit der bundesweit höchsten 7-Tage-Inzidenz alle Bürger zu testen, vergleichbar zu entsprechenden Modellprojekten wie etwa in Südtirol, wo 60 Prozent mitgemacht hätten. Es gebe jenseits der Schnelltests ohnehin das bayerische Angebot, dass sich jedermann regulär testen lassen könne, antwortete Huml. Sie bezweifle, dass ein Modellprojekt mit Schnelltests einen Mehrwert brächte.

Gut eine Stunde lang konnten erstmals die Landtagsabgeordnete die besonders mit Corona befassten Mitglieder der Staatsregierung befragen. Insbesondere die Fragestellungen aus der Regierungskoalition - CSU und Freie Wähler - an die eigenen Regierungsmitglieder hatten aber Showcharakter. Wenn etwa der CSU-Mann Stephan Oetzinger von CSU-Wissenschaftsminister Bernd Sibler wissen will, welche Lehren man aus dem digitalen Sommersemester ziehe, und Sibler antwortet, dass alles "sehr gut funktioniert", es einen "ungeheuren digitalen Schub" gegeben und die Professoren "extrem fleißig" gewesen seien, dann hält sich der Erkenntnisgewinn in Grenzen.

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) kann auf Frage des FW-Abgeordneten Rainer Ludwig verkünden, dass es mit den Corona-Hilfen ziemlich wunderbar laufe. Kultusminister Michael Piazolo (FW) bestätigt auf eine Frage der Eichstätter FW-Abgeordneten Eva Gottstein, dass 94 Prozent der Schulklassen in Präsenzunterricht seien, vier Prozent in Distanzunterricht und drei Prozent in Wechselunterricht. Das hatte er schon vergangene Woche bekanntgegeben. Kritische Fragen von Grünen, SPD und FDP indes wurden kurzatmig beschieden.

DK

Alexander Kain