Nürnberg
Boxenluder sollen verschwinden

Frauenbeauftragte der Stadt Nürnberg will Grid Girls vom Norsiring verbannen

22.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:12 Uhr
Ein Schritt nach vorne: Die aktuelle Miss Norisring Svenja Kast muss sich nicht im Bikini präsentieren. −Foto: Marco Huber

Nürnberg (HK) Beim Norisring-Rennen in Nürnberg will die Frauenbeauftragte der Stadt die leicht bekleideten Grid Girls am liebsten von der Rennstrecke verbannen und durch normale Motorsport-Fans ersetzen.

Scharfe Kurven und schnelle Autos gehören für viele Motorsport-Fans zusammen. Auch beim Norisring-Rennen am kommenden Wochenende in Nürnberg werden neben heißen Öfen wieder attraktive Frauen zu sehen sein.

Für die Veranstalter gehören die leicht bekleideten Damen, die vor dem Rennen mit Sonnenschirm und Startnummer neben den Fahrern auf der Strecke stehen zur Tradition des Rennens. Hedwig Schouten, Nürnbergs Frauenbeauftragte, findet diese Praxis altmodisch. "Wir leben nicht mehr im Weltbild der 50er- oder 60er-Jahre", hat Schouten der Nürnberger Lokalzeitung im Vorfeld des Motorsportwochenendes gesagt und außerdem kritisiert, dass man(n) die Rennstrecken-Schönheiten nur auf Äußerlichkeiten und Körpermaße reduziere und damit gleichzeitig stereotype Rollenklischees zementiere.

Vor dem Hintergrund der #MeToo-Debatte sollten die Veranstalter diese voyeuristische Praxis auf den Prüfstand stellen. Die Frauenbeauftragte der Stadt Nürnberg würde sich weiter wünschen, dass Fans statt Frauen die Aufgabe übernehmen und mit Sonnenschirm und Startnummer durch die Startaufstellung schlendern und den Helden bei der Siegerehrung ein Küsschen auf die Backe geben.

Norisring-Sprecher Philipp Schwarm sieht den Motorsport zu Unrecht an den chauvinistischen Pranger gestellt. "Es geht nicht um Erotik sondern um Liebe zum Motorsport", ist sich Schwarm sicher und findet, dass die Grid Girls ihre Aufgabe mit "Anstand und Niveau" bewältigen. Die Formel 1 hat sich kürzlich dazu entschlossen, die Damen mit den Modellmaßen vom Asphalt zu verbannen.

Die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft (DTM), die die Rennsport-Hostessen in den kurzen Kleidchen für jedes Rennen engagiert, will dagegen weiter auf weibliche Reize setzen und die häufig etwas despektierlich als "Boxenluder" belächelten Rennschönheiten mit den optischen Pferdestärken nicht abschaffen. "Die Mädels machen das freiwillig und gern", ist sich Schwarm sicher. Die Frauenbeauftragte überzeugt das Argument der Freiwilligkeit freilich nicht.

Obendrein wird zum Rennwochenende eine Miss Norisring in Nürnberg gekürt. In diesem Jahr wetteiferten erneut sieben Kandidatinnen um den Titel, der freien Eintritt in die Boxengasse und Promipartys garantiert. Gewonnen hat die 26-jährige Svenja Kast aus Nürnberg. Sie ist damit Nachfolgerin von Playmate Estella Keller, die das Krönchen im vergangenen Jahr getragen hatte. "Die Miss Norisring gibt es seit Jahrzehnten. Nürnberg ist nicht Monaco. Aber ein bisschen Show und Glamour gehört auch bei uns einfach dazu", sagt Philipp Schwarm vom "Motorsport Club Nürnberg" (MCN), der das Rennen in Nürnberg mit rund 650 Helfern ehrenamtlich organisiert.

Mit einer Neuerung sind die fränkischen Motorsportfreunde den Kritikern schon einen Schritt entgegengekommen. Zum ersten Mal mussten die Kandidatinnen bei der Wahl zur Miss Norisring nicht im Bikini über den Laufsteg laufen. Damit wollen die Motorsportler wohl die Schönheiten-Tradition am Rande des Rennzirkus langfristig bewahren und gleichzeitig gegen Sexismus bewusst ein Zeichen setzen.