Bergheim
Zwischen Lust und Frust

Wie die Auflagen bei der Sanierung des Gasthofs "Zum Löwen" in Bergheim den Eigentümer mitunter nervten

06.05.2013 | Stand 03.12.2020, 0:10 Uhr

 

Bergheim (DK) Ein Abenteuer! Wenn Michael Speth von der Sanierung seines alten Gasthauses im Schatten des Kirchturms von Bergheim bei Neuburg spricht, fällt dieser Begriff gleich zu Beginn. 1999 hatte er das schwierige Projekt in Angriff genommen und nicht immer einsehen wollen, weshalb er diese oder jene Auflage der Denkmalschützer erfüllen sollte.

Meistens tat er es dann doch, manchmal aber auch nicht.

Wenn er heute vor dem 1834 errichteten Gebäude steht, kann er einen gewissen Stolz nicht verhehlen. Hätte er vorher gewusst, was auf ihn zukommt, hätte er dieses Wagnis nicht auf sich genommen. „Es war einfach Wahnsinn, was wir da alles reingesteckt haben, an Geld und an Zeit.“ Trotzdem findet der 44-Jährige, dass der große Aufwand sich gelohnt hat. Gut 12 000 Stunden Eigenleistung hat die Familie in das Haus gesteckt, die Gesamtkosten beliefen sich auf 1,2 Millionen Euro. Die Zuschüsse deckten nur etwa ein Zehntel davon ab.

Die Situation in Bergheim ist symptomatisch für viele Ortschaften im Freistaat. „Was Bayerns Dörfer auszeichnet, sind nicht Pflastersteine, schicke Brunnen oder Blumenkübel. Nein, es geht um Dorfkerne, die intakt und vital sind und bei denen nicht nur die Kirche und das Rathaus als Alibi-Denkmäler erhalten geblieben sind\", sagt Egon Greipl, Generalkonservator des Landesamts für Denkmalpflege. Auch in Bergheim sind – neben dem Gasthaus „Zum Löwen“ – nur noch Kirche und Pfarrhof von historisch wertvollem Bestand. Umso wichtiger war also die Sanierung des Gebäudes, das um 1834 entstanden ist, wie Untersuchungen ergaben.

Angefangen hatte es damit, dass Speth 1999 den Stadel im Innenhof abreißen wollte, um ein neues Wohnhaus zu bauen. „Gleichzeitig haben wir aber festgestellt, dass das Dach der Gaststätte saniert werden musste.“ Da habe er die Neubaupläne aufgegeben und stattdessen den „Löwen“ ab dem Frühjahr 2000 hergerichtet. Ohne zu wissen, worauf er sich einließ. Das Landesamt für Denkmalpflege sprach von Anfang an ein gewichtiges Wort mit. Manchmal, so räumt der Eigentümer ein, sei er richtig wütend geworden. „Fast alles haben sie mir vorgeschrieben: Die Dachziegel waren eine Spezialanfertigung, und die Fenster sollten 5700 Mark das Stück kosten. Ob der Außenputz, die Regenrinnen oder die Farbe an Fassade und Fensterläden – die haben angeschafft, aber bezahlen hab’ ich müssen“, ereifert sich der 44-Jährige noch heute. Michael Speth widersetzte sich mitunter einfach, und meist fand sich am Ende ein Kompromiss. Zum Glück gab es keine allzu großen Überraschungen, die den Kostenrahmen weiter gesprengt hätten. Einen Riesenbatzen der Ausgaben verschlang allein der marode Dachstuhl. Seine Pläne, darunter weiteren Wohnraum zu schaffen, hakte der Eigentümer lieber ab: „Die behördlichen Auflagen waren mir einfach zu hoch.“

Rätsel gibt bis heute der Abdruck einer Kinderhand in einem Ziegel auf, der bei den Arbeiten auftauchte. „Wir wissen noch immer nicht, von wem er stammt.“ Eine grüne Bierflasche mit Bügelverschluss und der Aufschrift „Brauerei Speth“ konnte dagegen zeitlich zugeordnet werden. In ihr steckt eine zusammengerollte Seite des „Berliner Lokalanzeigers“ vom 25. September 1931. „Bei uns ist noch bis 1957 selbst gebraut worden, und die Zeitung ist wohl von meinem Großonkel Hans, der hat in Berlin gelebt“, vermutet Speth.

Eineinhalb Jahre schufteten Familie und Handwerker in dem Gasthaus, dann erstrahlte es in neuem Glanz. Die Reaktionen bei der Wiedereröffnung im Oktober 2001 entschädigten für die Mühe. „Wir haben viel Lob gekriegt, von Gästen und den Leuten im Ort“, sagt Speth, der bei den Milchwerken in Ingolstadt arbeitet. Der Lokalbetrieb läuft seit Kurzem über seine Cousine. In diesen Tagen denkt der Bergheimer aber über den Verkauf des Hauses nach, um seiner Familie in einem Neubau ein wenig Privatsphäre und einen Garten bieten zu können. Leicht fällt dieser Schritt nicht. Denn trotz aller Plagerei ist ihm das alte Gebäude ans Herz gewachsen.