Dazwischengefunkt
Autodiebe nutzen Sicherheitslücken bei kontaktlosen Schließsystemen - Audi will nachbessern

09.08.2021 | Stand 23.09.2023, 20:14 Uhr
Komfortabel, aber nicht immer sicher: kontaktlose Schließsysteme bei Autos. −Foto: Deck,dpa

Ingolstadt/Wettstetten - Bequemlichkeit hat ihren Preis, mitunter gleich doppelt: Wer sein Auto mit einem schlüssellosen System bestellt, genießt viel Komfort, muss aber damit rechnen, Opfer von Dieben zu werden.

Zum Mehrpreis für diesen Luxus kommt dann noch der Verlust des Wagens. Erst vor einer guten Woche waren in Wettstetten (Kreis Eichstätt) in einer einzigen Nacht zwei Audi A4 Avant und ein Audi Q7 verschwunden, alle drei kontaktlos startbar. Viele Fahrzeughersteller liefern ihre Modelle mit Sicherheitslücken bei der Funktechnik aus, was es Tätern einfach macht, sagt der ADAC.

Solche Delikte waren zuletzt rückläufig, vermutlich wegen des Corona-Lockdowns. Denn gestohlene Autos verschwinden oft über nationale Grenzen ins Ausland. Diese "Vertriebswege" waren jedoch seit 2020 wegen der Pandemie immer wieder gesperrt oder streng überwacht - international agierende Autoschieberbanden wollten da lieber nichts riskieren. So waren im Bereich des in Ingolstadt angesiedelten Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord 2019 noch 48 solcher Diebstähle angefallen, im Jahr darauf waren es nur 33. "Heuer sind es bisher 12", sagt Polizeisprecher Andreas Aichele. "Der Großteil der Fälle ist seit Ende Mai angezeigt worden" - nach dem zweiten Lockdown.

Wie die zuletzt in Wettstetten gestohlenen Fahrzeuge gestartet wurden, lässt sich noch nicht sagen. Audi will das genau untersuchen, denn die Autos wurden inzwischen gefunden. Das Vorgehen der Täter war mehr als dreist: Der Q7 verschwand etwa direkt vom Hof eines Einfamilienhauses. Er wurde unweit vom Tatort entfernt am Straßenrand entdeckt, ein anderer circa zehn Kilometer weiter schwer beschädigt in einem Wald gefunden und der dritte stand am 3. August gegen 0.20 Uhr mit laufendem Motor am Grenzübergang Waldmünchen nach Tschechien.

Die Erfahrung zeigt, dass die Diebe meist sogenannte Reichweitenverlängerer verwenden, solche Geräte kosten kaum 100 Euro. Damit begeben sie sich in die Nähe des Schlüssels, der sich etwa im Haus oder in der Tasche des Besitzers befindet, und leiten das Signal weiter zum Auto, das gestohlen werden soll. Ein Komplize muss nur noch die Tür öffnen und losfahren.

Laut einer im Frühjahr veröffentlichten Untersuchung des Allgemeinen Deutschen Automobilclubs (ADAC) waren von 419 getesteten Fahrzeugen der Marken Alfa Romeo über BMW bis hin zu Volkswagen und Volvo nur 13 besser gegen solche Attacken geschützt. Audi machte da keine Ausnahme, von 27 Modellen erwiesen sich nur zwei als besser gesichert, ein drittes ist per Bewegungssensor zumindest nach einer bestimmten Zeit geschützt. Alle anderen Audis ließen sich dagegen im Test über Reichweitenverlängerer öffnen und starten.

Besserung sei jedoch in Sicht, verspricht Audi-Sprecher Michael Crusius auf Anfrage unserer Zeitung. Zum einen kämen Bewegungssensoren zum Einsatz. Sie signalisieren der Autosteuerung, dass der Schlüssel ruht, ein Starten sei dann mit Reichweitenverlängerern nicht mehr möglich. Des Weiteren sollen alle Modelle nach und nach auf eine neue Funktechnologie ("Ultra-Wide-Band") umgerüstet werden. "Sie stellt die Funklaufzeit und damit die Entfernung des Schlüssels zum Auto fest", erläutert Crusius. Sei die Distanz zwischen beiden zu groß, etwa mehr als zwei Meter, blocke die Elektronik alle Öffnungsversuche ab. Diese Technik solle bis in zwei Jahren in allen Modellen zu finden sein.

Das Problem trifft alle Fahrzeughersteller gleichermaßen. Wer sich schützen will, kann den Schlüssel daheim in eine Blechdose legen. Es gibt auch spezielle Etuis, die Funksignale abschirmen - einfach, kostengünstig und effektiv.

DK

Horst Richter