Ingolstadt
Sprechende Eichen und digital vernetzte Bienenstöcke

Vor zehn Jahren wurde die Audi-Stiftung für Umwelt ins Leben gerufen - Ziel ist die Förderung von "Greenovations"

13.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:27 Uhr
Sensoren überwachen das Wachstum der Eichen. −Foto: Audi

Ingolstadt (DK) Kritische Geister nennen es womöglich Greenwashing - für den Autobauer mit den vier Ringen ist es ein grünes Aushängeschild: Vor zehn Jahren wurde die Audi-Stiftung für Umwelt ins Leben gerufen.

Ziel war und ist, das Umweltschutzengagement zu verstärken und Menschen für Umweltschutz zu sensibilisieren. Im Mittelpunkt steht die Förderung neuer Technologien zum schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen - so genannter "Greenovations".

Wie steht es nach zehn Jahren um den Stellenwert der Stiftung im Audi-Konzern - wo das Umweltbewusstsein allgemein wächst und wächst? "Ich kann nicht leugnen, dass unsere Stiftung mehr Interesse weckt als noch vor einigen Jahren", antwortet Geschäftsführer Rüdiger Recknagel. "Das werte ich erst einmal als gute Sache, denn ganz unabhängig von der Ursache dafür bedeutet das doch mehr Unterstützung für unsere Projekte. Je mehr Menschen sich interessieren und engagieren, umso besser ist es letztendlich für den Umweltschutz. "

Eines der ersten Projekte der Stiftung war die Erforschung der CO2-Speicherkapazität von Wäldern - gleich vor dem Werkstor im Köschinger Forst. Seit 2009 werden in konzentrischen Kreisen gepflanzte Stieleichen wissenschaftlich begleitet. Ziel ist es herauszufinden, wie Bäume gesetzt werden müssen, um eine größtmögliche Kohlenstoff-Bindung und beste Bedingungen für biologische Vielfalt im Wald zu erreichen. Inzwischen werden Eichenwälder an sieben Standorten - in Ingolstadt, Neckarsulm, Györ (Ungarn), Brüssel (Belgien), Sant'Agata Bolognese (Italien) und Puebla (Mexiko) - untersucht. Ingesamt wurden rund 100000 Bäume gepflanzt.

Im Köschinger Forst wurden die Bäume mit Biosensoren ausgestattet, die den Zusammenhang von Witterungsbedingungen, Wachstum und Wasserverbrauch untersuchen. Projektpartner bei den "Talking Trees" sind die TU München und die Bayerische Forstverwaltung.

Im Jahr 2018 startete die Zusammenarbeit mit der Recycled Island Foundation. Aus Plastikmüll hergestellte Auffangbecken sammeln in den Häfen von Rotterdam und Brüssel im Wasser treibenden Müll und schwemmen ihn in ein Netz, um zu verhindern, dass der Abfall ins offene Meer gelangt. Jedes Auffangbecken fischt pro Monat etwa einen Kubikmeter Abfall.

Und aus diesem Plastikmüll wird sogar noch etwas Nützliches hergestellt: Inmitten des Rotterdamer Hafens, umgeben von grauen Gebäuden, schwimmen kleine grüne Inseln auf der Neuen Maas. Sie dienen als Naherholungsplätze für Hafenbesucher und Anwohner, aber vor allem auch als Rückzugsort für Tiere. Außerdem werden Sitzbänke hergestellt, von denen auch einige bei Audi stehen.
Engagierten Bürgern und Mitarbeitern bietet die Audi-Stiftung die Möglichkeit, sich bei der Aktion "Mach mit! " zu bewerben. Interessierte können zusammen mit einem gemeinnützigen Partner eine Idee für ein Projekt einreichen, dessen Kosten zu 75 Prozent von der Umweltstiftung übernommen werden. Die maximale Fördersumme beträgt in Anlehnung an das Gründungsjahr 2009 Euro.

Weitere Projekte der Umwelt-Stiftung: ein Geo-Monitoring von Streuobstwiesen durch Drohnentechnik. Mittels 100 digital vernetzten High-Tech-Bienenstöcken ("we4bee") wollen Forscher den Gesundheitszustand und das Verhaltensmuster von Bienen und somit bevorstehende Umweltereignisse erkennen. 2019 startete das Projekt "2nd life Stromspeicher", bei dem taugliche Laptop-Akkus aus dem Schrott zu Solarspeichern zusammengefügt werden. Neu ist auch das "Membrane Mining" - eine Methode für umweltschonenden, minimalinvasiven Bergbau.

Anlässlich des zehnten Geburtstags veranstaltete die Audi-Stiftung gestern einen Vortrags- und Diskussionsabend mit drei Umweltschützern. Mit dabei war der Meeresbiologie und Forschungstaucher Robert Marc Lehmann, der Tauchgänge in allen Klimazonen absolviert hat. Er dokumentiert den Zustand der Meere und das Vordringen von Plastikmüll in die entlegensten Winkel. Santa Meyer-Nandi, Co-Direktorin der Initiative Finding Sustainia, hat Nachhaltigkeits-Challenges entwickelt, bei denen sie Menschen dazu bringt, ihre eigenen Bedürfnisse zu hinterfragen. Felix Finkbeiner gründete mit 9 Jahren die Kinder- und Jugendinitiative Plant-for-the-Planet und sprach als 13-Jähriger vor der UN-Vollversammlung in New York. Er ruft dazu auf, Bäume zu pflanzen, um 25 Prozent der menschengemachten CO2-Emissionen zu binden.

Zum Jubiläum veröffentlicht die Umweltstiftung auch ein Buch mit dem Titel "Greenovation". Darin stehen Tipps , um mehr Nachhaltigkeit im Alltag zu erzielen. Für Recknagel ist Umweltschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. "Die Stiftung ist Impulsgeber und Treiber für den Einsatz innovativer Technologien im Umweltschutz. Wir wollen jeden Einzelnen für Umweltschutz begeistern und konkrete Ideen mitgeben, um den eigenen Fußabdruck zu verringern. "

Suzanne Schattenhofer