Zu "Ein feines Kapitel der gehobenen Küche"
"Leider ist die Zeit bei Griesers vorbei"

17.01.2019 | Stand 02.12.2020, 14:49 Uhr

Zu "Ein feines Kapitel der gehobenen Küche" (SZ vom 12./13. Januar) zum Geburtstag des Kochs Ludwig Grieser:Wir hatten für viele Jahre eine kulinarische Heimat im Restaurant Grieser gefunden; regelmäßig ein- bis zweimal pro Woche waren wir zu Gast.



Und heute? Ich habe keine Lust, mich durch unzählige Seiten der Speisekarte quälen zu müssen, um dann wieder von vorne zu beginnen - ich möchte am Tisch entspannen und nicht studieren. Das Gastronomie-Geschäft ist hart, ganz klar. Wenn eine hohe Pacht zu zahlen ist, dann können die Kosten vielleicht nur durch Masse statt Klasse gedeckt werden. Gutes Personal im Service zu finden, ist auch nicht einfach. Mir scheint, dass immer noch für viele Zeitgenossen große (mir Furcht einflößende) Portionen für wenig Geld wichtiger sind als Qualität.

Wie war das bei Griesers: Die Speisekarte, Standardgerichte auf einem A3-Bogen, einmal gefalzt und nur ein A4-Beiblatt mit den Tagesgerichten. Herr Grieser war aber immer bereit, Sonderwünsche des Gastes zu erfüllen. Für Karten- und Seniorenstammtisch wurden zum Beispiel gutbürgerliche Speisen und Brotzeiten zubereitet.

Die Gerichte bei Griesers waren immer frisch und sehr, sehr fein, von höchster Qualität, der Tisch schön gedeckt - Frau Grieser hatte einen Sinn und ein Händchen für sehr geschmackvolle und dezente Dekoration. Auf Details wurde Wert gelegt. Es war einfach stimmig.

Auch die Art der Gespräche und der Umgang mit den Gästen waren sehr herzlich und angenehm. Der Biergarten mit den alten Kastanien war toll, und, und, und. . .

Es gab auch Kritiker (aus der Fraktion Liebhaber der XL-Portionen zum Niedrigpreis), die meinten, bei Griesers sei es teuer und die Portionen klein; stimmt nicht. Das teuerste Gericht war Fisch an zweierlei Saucen (inklusive Salat und Brot) für 32 D-Mark. Satt bin ich immer geworden. Zu gerne hätte ich dann eine süffisante Bemerkung an die Kritiker, zum Beispiel im Hinblick auf deren BMI, losgelassen.

Ich bin keine Feinschmeckerin, aber bei Griesers konnte man lernen, es zu werden. Das Leben ist zu kurz, als dass man schlecht essen soll. Tja, leider ist die Zeit bei Griesers vorbei, ein Verlust - immer noch. . .

Aber dennoch, ich wünsche Herrn Grieser alles Gute zum Geburtstag und bin beiden Griesers heute noch dankbar für die gute Zeit!

Karin Keil

Schrobenhausen