Leserbrief
Bickel: "Eine Volkshochschule ist keine Sparkasse"

23.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:10 Uhr

Zum Artikel "Großes Risiko eingegangen" über den vom Haupt- und Finanzausschuss erhöhten Defitzitausgleich der Schrobenhausener Volkshochschule (SZ vom 22. November):

Zunächst möchte ich mich bei allen Beteiligten für die öffentliche Hinrichtung in der Finanzausschusssitzung vom 20. November sehr herzlich bedanken. Für einen Rentner wie mich ist das sehr hilfreich, der drohenden Lethargie zu entfliehen und noch einmal ins "wirkliche Leben" zurückkehren. Ich habe von 1989 bis 2017 die Volkshochschule Schrobenhausen geleitet, aber es wollte mir in all den Jahren einfach nicht gelingen, innerhalb von zehn Monaten ein "Traumdefizit" von 85.000 Euro zu produzieren. Im Schnellzugtempo - aus "pädagogischen Gründen" wiederhole ich den Betrag - 85.000 Euro "Miese" zu machen, ist das Alleinstellungsmerkmal meiner zum 1.1.2018 installierten Nachfolgerin Jana Gerstmair. Und das, obwohl ich ihr ein voll funktionsfähiges Haus und ein gutes "Startkapital" hinterlassen habe.
Peinlich für eine FH-Betriebswirtschaftlerin? Was tun? Mit geringem intellektuellem Aufwand, aber einem riesigen Batzen Bosheit, der daran erinnert, wie man Spargel in Schrobenhausen gerne in Béchamel-Soße ertränkt, hat Frau Gerstmair im Finanzausschuss nach dem Motto "Ich mach' mir die Welt wie sie mir gefällt" eine Armada von Papierschiffchen mit Ausreden losgeschickt, um mir als ihrem Vorgänger die Schuld für ihr unglückliches Agieren zuzuschieben. Aber die Schifflein lecken gewaltig und sind nicht seetüchtig. Jede ihrer Unterstellungen lässt sich - zu einem guten Teil mit Dokumenten, die sogar vom Landratsamt beziehungsweise der Regierung von Oberbayern geprüft wurden - mühelos widerlegen. Was ich gegenüber Stadträten, die es wirklich interessiert, wo die öffentlichen Gelder für die Erwachsenenbildung heute versickern, gerne mache, ohne die breite Öffentlichkeit mit weiteren peinlichen Details zu versorgen. Dabei denke ich insbesondere an Herrn Stadtrat Koppold, hauptberuflich gestrenger Kämmerer der Stadt Pfaffenhofen, der früher immer eine schnelle Lippe hatte, wenn es um Kürzungen bei der vhs ging, der aber diesmal alles lammfromm abgenickt hat. Seltsam, seltsam...
Es wäre in meinen Augen erstaunlich gewesen, wenn Frau Gerstmair kein Defizit produziert hätte. Bei insgesamt 11,6 Stunden Einarbeitungszeit - sie hatte im Herbst 2017 als scheidende Kundenberaterin der Sparkasse ja stets "gaaaanz wichtige" Termine -, abzüglich vier Stunden Smalltalk ihrerseits, konnte sie von dem ihr völlig fremden Metier nicht viel mitbekommen. Und wichtige Unterlagen, die sie bekam, hatte sie rasch wieder verschlampt und, und, und... Die Liste ist lang.

Merke: Eine Volkshochschule ist keine Sparkasse. Aus eitlem Repräsentationsbedürfnis eine sündteure Schickimicki-Geschäftsstelle aus Steuergeldern einzurichten und einen Raum, in dem früher zwei Leute arbeiteten, in ein exklusives Chefbüro zu verwandeln, das nenne ich verantwortungsvolles Handeln! Ist durch all diese Verschwendung von Zeit und Geld die Qualität der Kurse auch nur um ein Jota besser geworden?
Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung spreche ich Frau Gerstmair die Befähigung zur Führung einer Bildungseinrichtung rundweg ab. Ein Rätsel bleibt, welcher Teufel den Vorstand der vhs Schrobenhausen geritten hat, bei der Neubesetzung der Leiterstelle den 19 zum Teil hochqualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern mit langjähriger einschlägiger Berufspraxis zugunsten einer unbedarften "Bankerin" nicht einmal die Chance zu einem Vorstellungsgespräch zu geben.
Wie auch immer: Frau Gerstmair wird auch 2019 unweigerlich ein saftiges Minus einfahren. Die Stadt darf sich auf weitere Zuschusserhöhungen für die vhs gefasst machen. Die Preisfrage lautet: Wer wird zum Sündenbock gestempelt, sollte mein "Haltbarkeitsdatum" für diese Aufgabe einmal abgelaufen sein? Bewerbungen qualifizierter Masochisten werden sicher ab sofort in der vhs-Geschäftsstelle in der Lenbachstraße 22 angenommen.

Benno Bickel,

Schrobenhausen