Schrobenhausen
Von Schrobenhausens einziger Weißbierbrauerei

Was vom Kurz-Weizen-Hersteller noch übrig ist

21.05.2021 | Stand 23.09.2023, 18:45 Uhr
Bierbrau-Experte Alfred Greiner (l.) und Senior-Chef des Kapplerbräus, Willi Wiedemann, können eine Menge über die Kurz-Brauerei erzählen. Im Brauereimuseum des Kapplerbräus kann nicht nur das ehemalige Sudhaus mit Kessel und Bottich begutachtet werden. −Foto: Floerecke

Schrobenhausen - Bierbrauen hat in Schrobenhausen eine jahrhundertelange Tradition. Im 17. Jahrhundert gab es zeitgleich zwölf städtische Brauereien, vor hundert Jahren immerhin noch acht. Inzwischen sind alle Geschichte. Auch die Weißbierbrauerei Kurz, die nur einige Jahrzehnte existierte, heute aber als legendär gilt. 1982 war alles vorbei. Die Gebäude wurden abgerissen, aber - was nicht alle wissen - das Sudhaus gibt es noch, im Gegensatz zur gefragten Rezeptur.

Die Kurz-Brauerei ist ein außergewöhnlicher Teil der langen Schrobenhausener Bierbraugeschichte. Und tatsächlich ist das Herzstück der einzigen städtischen Weißbierbrauerei noch erhalten: das ehemalige Sudhaus der Brauerei Kurz, die im Juni 1982 ihren Betrieb für immer einstellte. Vom einstigen Gebäude mit Kleinstbrauerei und Ausschankstube ist allerdings nach dem Abriss heute nichts mehr übriggeblieben. In der Schrobenhausener Altstadt im Hofgraben, rechts neben der Einfahrt zum Pflegschloss, stand es.

Mitte der 80er Jahre wanderte das Sudhaus gute 22 Kilometer weiter südlich nach Altomünster. Der dort seit 1561 existierende Kapplerbräu, in vierter Generation von der Familie Wiedemann und deren Söhnen Hans, Anton und Max mitsamt Hotel, Gasthaus und Biergarten geführt, betreibt auch ein kleines Brauereimuseum. Wer es betritt, stößt auf das über 300 Jahre alte, beeindruckende Gewölbe. An den Wänden hängen historische Bilder, in den Räumen befinden sich allerlei Brauutensilien wie Flaschenreinigungsgerät, Abfüllmaschine oder Handetikettierer. Darunter befinden sich tatsächlich zahlreiche Relikte der Kurz-Brau aus Schrobenhausen.

Willi Wiedemann, Braumeister und Senior-Chef des Hauses, weiß, wie das zustande kam. Sein Vater war seinerzeit, nach der Schließung der Kurz-Brauerei zu Josef Greppmair gefahren, dem letzten Betreiber. Und er fragte, ob er das Sudhaus für sein Museum bekommen könnte. Der willigte ein - unter zwei Bedingungen: Das Sudhaus müsse der Nachwelt erhalten bleiben - und das Loch in der Wand, das beim Ausbau zwangsläufig entstand, müsse wieder zugemauert werden.

Es kam zum Handschlagvertrag. Damit, erzählt Willi Wiedemann, hatten die beiden konkurrierenden Schrobenhausener Eisenwarenhändler das Nachsehen, die ebenfalls hoch interessiert an den Resten der Weißbierbrauerei interessiert waren. Und die Anlage konnte vor dem Ausschlachten bewahrt werden.

Die Schrobenhausener Kurz-Brauerei wurde in der letzten Generation von 1966 bis 1982 von Braumeister Josef Greppmair, Schwiegersohn von Josef Kurz jun., geführt. Irgendwann war dann aber Schluss. Die Gründe, weiß sein Sohn Gerhard Greppmair, lagen zum einen in der fehlenden Nachfolge, zum anderen wäre der weitere Betrieb auf begrenztem Raum mit begrenztem Bierausstoß unwirtschaftlich geworden. Deshalb, sagt Gerhard Greppmair heute, hätte man einen Neubau auf der grünen Wiese anstreben müssen, mitunter auch aufgrund der stetig gestiegenen Umweltschutzauflagen.

Zuvor, um 1900, betrieb die Familie Kurz gleichzeitig ihr Busunternehmen und ihre Metzgerei. Überlieferungen im Familienkreis zufolge, berichtet Gerhard Greppmair, habe sein Urgroßvater Josef Kurz sen. bei einem Tagesausflug die Brauerei Hopf in Miesbach besichtigt. Von dieser sei er derart begeistert gewesen, dass er sich entschlossen habe, seine Metzgerei zu schließen und stattdessen mit der Bierproduktion zu beginnen. Er gründete die Brauerei 1907, braute aber kein Weißbier. Erst im Laufe der Zeit, nach dem Zweiten Weltkrieg, stellte die Brauerei ihre Produktion auf Weizenbier um. Und braute es ausschließlich. Keine anderen Biersorten. Keine nicht-alkoholischen Getränke.

Im Altlandkreis Schrobenhausen war das obergärige Bier mit dem Slogan "Kurz-Weizenbier - gut bekömmlich" eine Marke, bestätigen heute die mittlere und ältere Generation. Und viele davon sparen nicht an Superlativen beim Gedanken an das cremigste, süffigste oder gar beste Weißbier überhaupt.

Die Rezeptur, erzählt Gerhard Greppmair, habe sein Vater nie weitergegeben. Bis zu seinem Tod nicht. Als sich damals, Anfang der 80er-Jahre in der Branche allmählich herumsprach, die Spezialbrauerei würde ihren Betrieb einstellen, wollte auch eine Münchner Großbrauerei in Verhandlungen mit der Schrobenhausener Kleinstbrauerei eintreten. Aber Josef Greppmair ließ sich nicht darauf ein.

Er wollte seine Rezeptur partout nicht weitergeben. Denn er war der festen Überzeugung, seine besondere Rezeptur wäre in einer Großbrauerei nicht gut aufgehoben gewesen und befürchtete mitunter, dass seine hohen Qualitätsstandards dort nicht dauerhaft einzuhalten gewesen wären.

SZ

Thomas Floerecke